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Neue Führung für die Genossen Die SPD feiert das Ende der Selbstzerstörung

Selten war ein Parteitag für die Genossinnen und Genossen eine so angenehme Angelegenheit wie dieses Mal. Nachdem die SPD allen das beinahe Unmögliche vorgeführt hatte, wie sie von einst kümmerlichen 13 Prozent bei Umfragen am Ende mit 25.7 Prozent den Wahlsieg holte, ist schon ein Lehrstück. Natürlich war die Konkurrenz schwach, aber die SPD hat etwas ganz Entscheidendes geschafft: Sie hat Ihre öffentliche Selbstdemontage beendet.

«Der Erfolg kam übers Teamplay»

Wenn die Partei sich jetzt neu aufstellt, dann kann sie getrost bei sich selbst abschreiben: Lars Klingbeil, der als Generalsekretär und Wahlkampfmanager einen wesentlichen Anteil am Wahlerfolg für sich in Anspruch nehmen kann, sagte denn auch: «Der Erfolg kam übers Teamplay».

Es ist deshalb nur konsequent, dass die vor zwei Jahren eingeführte Doppelspitze im Parteivorstand beibehalten wird. Mit Lars Klingbeil vom konservativen Flügel und der bisherigen Co-Vorsitzenden Saskia Esken, einer Parteilinken, bildet sich die Breite der Partei schon an der Spitze ab.

Einbindung von Kühnert, Scholz’ prägnantestem Kritiker

Spaltung und Zerrissenheit der SPD waren selten so sichtbar, wie Anfang 2018, als es um die Grosse Koalition ging. Kevin Kühnert setzte sich leidenschaftlich dagegen ein. Später dann hatte er – damals als Juso-Chef – wesentlich dazu beigetragen, Olaf Scholz als Parteivorsitzenden zu verhindern. Nun ist dieser bei der Parteilinken ungeliebte Genosse aus Hamburg also SPD-Kanzler und ausgerechnet Kevin Kühnert macht steile Karriere in der Partei als neuer Generalsekretär. Diese Funktion soll integrieren und gleichzeitig das Profil der Partei schärfen.

Tatsächlich muss sich die Parteilinke beim neuen Regierungsprogramm nicht verbiegen. Mit dem Mindestlohn von 12 Euro und der Überwindung des Parteitraumas Hartz-IV, haben sich zentrale sozialdemokratische Anliegen durchgesetzt. Doch Stillstand kann nicht das Ziel sein.

Kein Selbstläufer

Und so wird der ausgesprochen eloquente 32-jährige Kevin Kühnert das Kunststück vollbringen müssen, die Kompromisse, die ein Dreierbündnis mit den Grünen und der FDP nötig macht, zu verteidigen und gleichzeitig die Forderung nach mehr sozialdemokratischen Inhalten nicht aufzugeben.

Dabei hat er es mit einer SPD-Fraktion zu tun, die zur Hälfte aus Neulingen und besonders vielen ungeduldigen, linken Jungen besteht. Sie mit Kanzler Scholz zu versöhnen und gleichzeitig mehr für die SPD herauszuholen, wird mit Sicherheit kein Selbstläufer. 

Simone Fatzer

Deutschland-Korrespondentin

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Simone Fatzer arbeitet seit 1998 für Radio SRF, unter anderem als Moderatorin der Sendung «Echo der Zeit» und als Dossierverantwortliche für Deutschland. Seit September 2021 ist sie Korrespondentin in Berlin.

Echo der Zeit, 11.12.2021, 18 Uhr

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