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Neue Regierung in Dänemark Mette Frederiksen gelingt ein Meisterstück

Das Bild ist gewöhnungsbedürftig: in der Mitte die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. Zu ihrer Linken der bisherige bürgerliche Oppositionsführer, Jakob Ellemann-Jensen. Und schliesslich rechts ihr rechtsliberaler Vorgänger als Ministerpräsident, Lars Løkke Rasmussen.

Nun wollen die drei gemeinsam das nordische Königreich durch die Krisen der Gegenwart führen. Am Mittwoch präsentierten sie ein Regierungsprogramm, das mit zahlreichen linken und rechten Tabus bricht.

Dazu gehören massive Steuersenkungen, aber auch eine radikale Öffnung des dänischen Arbeitsmarktes für Fachkräfte aus dem Ausland. Hinzu kommt eine rasche und konsequente Umstellung auf nicht-fossile Energieträger – ohne Rückgriff auf die Atomkraft.

Koalition ist eine historische Premiere

Die wichtigste Neuerfindung betrifft die Zusammensetzung der neuen Koalition: Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg haben die beiden grössten Parteien gemeinsam mit einer Mehrheit im Parlament regiert.

Zu dieser Mehrheit tragen die Moderaten von Lars Løkke Rasmussen bei. Sie hatten sich nach den letzten Wahlen von den Liberalen abgespaltet. Bislang mussten sich dänische Regierungen stets mit Polparteien am rechten oder linken Rand arrangieren, um im Parlament eine Mehrheit zu finden. Dies ist hier nun anders.

Rechtspopulisten fallen von 21 auf 2 Prozent

Schon vor vier Jahren trat die damalige sozialdemokratische Oppositionschefin Frederiksen mit dem Anspruch an, das System verändern zu wollen. Damals haute sie mit ihrer restriktiven Ausländer- und Einwanderungspolitik das rechtspopulistische Lager vom Hocker.

Als Folge stürzte die anti-europäische Dänische Volkspartei, noch vor wenigen Jahren die drittgrösste Kraft mit über 21 Prozent der Stimmen, ab. Bei den Wahlen schafften es die Rechtspopulisten nur noch knapp über die 2-Prozent-Hürde.

Mit dem neuen Arrangement schafft sich Mette Frederiksen fast nebenbei noch ein anderes Problem vom Hals: eine parlamentarische Untersuchungskommission wegen ihrer illegal angeordneten Abschaffung der dänischen Nerzindustrie auf dem Höhepunkt der Coronapandemie. Auf dieses Verfahren scheinen ihre neuen bürgerlichen Freunde, nun zu verzichten.

Bruno Kaufmann

Nordeuropa-Korrespondent

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Bruno Kaufmann berichtet seit 1990 regelmässig für SRF über den Norden Europas, von Grönland bis Litauen. Zudem wirkt er als globaler Demokratie-Korrespondent beim internationalen Dienst der SRG mit.

Rendez-vous, 14.12.2022, 12:30 Uhr

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