Donald Trump hat Zölle von 100 Prozent auf Arzneimittelimporte in die USA verhängt. Vieles ist unklar – zum Beispiel, ob die hiesigen Pharma-Konzerne betroffen sind. René Buholzer vom Verband Interpharma erklärt, wie er die neuen Zollankündigungen Trumps interpretiert.
SRF News: Wie fallen die ersten Reaktionen aus?
René Buholzer: Schon lange wurden Pharmazölle angedroht. Wir haben aber immer gehofft, dass dieser Paradigmenwechsel ausbleiben wird. Insofern ist es eine Enttäuschung. Aber bis zu einem gewissen Grad mussten wir mit diesem Szenario rechnen.
Im Raum stand auch die Drohung von bis zu 250 Prozent Zöllen. Sie sind eigentlich gut weggekommen.
Das ist die «Section 232»-Untersuchung, die Sie ansprechen. Wenn man den Post [von Trump, Anm. d. Red.] anschaut, ist nicht klar, auf welcher Grundlage er das jetzt macht. Klar ist: 100 Prozent Zölle sind auch viel und es ist ein weiteres Mittel, das dazu führen wird, dass in den USA für die USA produziert wird.
Haben Sie versucht, diese Zölle abzuwenden?
Das Ziel war klar, diese Zölle abzuwenden. Wir hatten historisch [bedingt] auf Medikamenten weltweit keine Zölle, weil es keinen Sinn macht, schwer kranke Menschen noch mit verteuerten Produkten zu versorgen, wovon der Staat profitiert. Man hoffte, dass diese Untersuchung ein Teil der allgemeinen Zollverhandlungen ist, die zwischen der Schweiz und den USA noch laufen, so wie es im EU-USA-Deal Teil davon war. Insofern setzte man alle Hebel in Bewegung, um nicht mit einer solchen Überraschung aufwachen zu müssen.
Können Sie abschätzen, inwiefern diese Zölle Roche und Novartis treffen würden?
Nein. Ich habe noch keine direkten Reaktionen erhalten. Alle grossen Firmen haben angekündigt, im Rahmen der bilateralen Handelsgespräche Investitionen in den USA zu tätigen. Insofern haben alle Unternehmen ihre Produktionsanlagen überdacht, Tatsache aber ist: Eine Fabrik ist nicht von heute auf morgen gebaut. Es benötigt Zeit.
... und Geld. Sie vertreten auch kleinere Pharmafirmen. Werden diese ebenfalls Produktionsstätten in die USA auslagern?
Ich vertrete wirklich nur grosse Pharmafirmen, die internationalen. Wenn man grosse Mengen in den USA verkaufen will, hat man entweder ein Produkt, bei welchem diese Zölle an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergereicht werden können. Oder man ist gezwungen, in Amerika zu produzieren.
Die Preise können entweder in den USA sinken oder in Europa steigen – oder etwas dazwischen. Beides ist für die Schweiz ein Problem.
Am Horizont steht noch ein Ultimatum Trumps, das am Montag ausläuft. Man könnte auch die Medikamentenpreise in den USA senken. War das eine Option?
Dieser Link zwischen den Zöllen und der «most-favored nation executive order» hat eine andere Rechtsgrundlage. Gespräche dazu wurden bisher getrennt geführt, die Preisfrage wurde unabhängig von den Zollfragen behandelt. Es ist offen, wie diese [Preis-, Anm. d. Red.] Frage ausgeht. Sie bringt auch grosse Herausforderungen für die Schweiz mit sich, weil es die Versorgungssicherheit in der Schweiz weiter gefährden könnte.
Aber ist eine mögliche Preissenkung eine Option?
Die Preise können entweder in den USA sinken oder in Europa steigen – oder etwas dazwischen. Beides ist für die Schweiz ein Problem. Denn wenn die Preise in Amerika sinken, werden fünf Milliarden Franken, die meine Unternehmen, die ich vertrete, in der Schweiz jährlich an Steuern zahlen, auch ein Risiko sein. Ebenso die neun Milliarden Franken, die sie jährlich in die Schweiz investieren. Beide Optionen sind für den Standort und für den Wohlstand der Schweiz schlechte Optionen.
Das Interview führte Salvador Atasoy.