Wer Rom über die Luft erreicht oder verlässt, tut dies meist am Flughafen Leonardo Da Vinci. In Bologna landet oder startet man am Flughafen Marconi, benannt nach dem Erfinder des Radios, Guglielmo Marconi. Oder in Palermo am Flughafen Falcone und Borsellino, benannt zu Ehren der beiden Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino, die 1992 von der Mafia ermordet worden sind.
Steuerbetrüger statt Mafiajäger
Während die Leistungen des Universalgenies, der beiden Mafia-Jäger und des Funk-Pioniers vollkommen unbestritten sind, fragt man sich: Was genau ist die Leistung von Silvio Berlusconi? Sicher, er hat Italien viermal regiert. Doch am Ende seiner letzten Regierungszeit stand das Land vor dem finanziellen Abgrund.
Sicher, Berlusconi war oftmals witzig und unterhaltsam, doch er war auch ein letztinstanzlich verurteilter Steuerbetrüger. Sicher, Berlusconi war bestens vernetzt und rühmte sich stets seiner Freundschaft mit Russlands Präsident Wladimir Putin, die heute allerdings vollkommen unpräsentabel wäre. Und: Berlusconi hat «Bunga Bunga» erfunden. Aber reicht das alles aus, um neu die Leute unter diesem Namen in Mailand zu empfangen oder zu verabschieden?
Die von Berlusconi gegründete Partei Forza Italia und die Lega sprechen von einer verdienten Anerkennung. Wer Berlusconi allerdings schon zu Lebzeiten weder mochte noch wählte, wird dies anders sehen. Und so droht der vor einem Jahr Verstorbene auch nach seinem Tod weiter zu polarisieren und zu spalten.
Alles eine Frage der Zeit?
Hätte es nicht andere Namen gegeben? Zum Beispiel Caravaggio-Flughafen, nach dem in Mailand geborenen, genialen Maler der Renaissance? Oder Manzoni-Flughafen, nach dem Mailänder Schriftsteller, der das Nationalepos «I promessi sposi» [Die Brautleute] schrieb?
Vielleicht hält sich ja wie in Zürich Kloten die alte, geografische Bezeichnung. Oder heisst der Zug vom Mailänder Hauptbahnhof zum Flughafen statt Malpensa-Express neu bald Berlusconi-Express?
Überhaupt geht das alles sehr schnell, zu schnell vielleicht. Wenn man in Italien Strassen oder Plätze nach berühmten Personen benennt, dann tut man das in der Regel erst 10 Jahre nach deren Tod. Und diese Karenzfrist hätte wohl auch Berlusconi gutgetan.