Unmittelbar nach Silvio Berlusconis Tod wurde in Italien kaum Kritik an ihm laut. Nun aber diskutiert das Land darüber, ob die Staatstrauer angemessen ist.
Einer hat die Antwort auf diese Frage schon gegeben: Giuseppe Conte, Ex-Premier und Chef der 5-Sterne-Bewegung, bleibt der heutigen Trauerfeier in Mailand demonstrativ fern.
Was Conte mit seiner Absenz ausdrückt, kleidet die ehemalige sozialdemokratische Gesundheitsministerin Rosy Bindi in Worte: Berlusconi habe das Land gespalten. Und aus diesem Grund verdiene der ehemalige Premierminister keine Staatstrauer.
Kein Anrecht auf Staatstrauer
In der Tat haben ehemalige Regierungschefs, von denen es in Italien ja viele gibt, keinen Anspruch auf eine Staatstrauer, sondern lediglich auf ein staatliches Begräbnis.
Eine mehrtägige Staatstrauer ist hingegen verstorbenen Staatspräsidenten vorbehalten. Berlusconis Anhänger sagen, der Cavaliere habe eben genauso viel geleistet wie ein Staatspräsident. Viele sind ihm noch heute dafür dankbar, dass er die Vermögenssteuer auf die erste Wohnung oder das erste Haus abgeschafft hat. Aus diesem Grund sei diese Ehre vollkommen gerechtfertigt.
Die Debatte über Sinn oder Unsinn der Staatstrauer wird durch ein weiteres Element befeuert: Nicht nur die Trikoloren landauf und landab sollen auf Halbmast flattern, sondern ganze sieben Tage lang soll auch der gesamte Parlamentsbetrieb ruhen. Wer Berlusconi zu Lebzeiten mochte, findet das gut.
Die anderen aber argumentieren, Italien könne sich diesen Stillstand schlicht nicht leisten. Schliesslich sei man noch immer nicht in der Lage, das viele Geld, das die EU nach der Pandemie zur Verfügung stellte, rechtzeitig und tatsächlich abzuholen. Das Parlament solle darum sofort weiterarbeiten.
Wie geht es mit der Forza Italia weiter?
Der Zwist entzweit das Land entlang der alten Trennlinie zwischen Links und Rechts. Doch auch innerhalb der Rechten, nämlich innerhalb von Berlusconis ehemaliger Partei, Forza Italia, zeichnet sich Streit ab.
Ohne ihren allmächtigen Chef droht die Partei zu zerbröseln: Berlusoncis letzte Lebenspartnerin, Marta Fascina, beansprucht eine Führungsrolle in der Partei. Doch altgediente Parlamentarierinnen und Parlamentarier werden ihr diese kaum zugestehen.
Keine Frage: Der politische Alltag und «i giochi di palazzo», das Hickhack in den Römer Palästen, sind nur zwei Tage nach Berlusconis Tod zurück.