Die amerikanische Vereinigung der Waffenfreunde, die NRA, hat fünf Millionen Mitglieder. Sie alle erwarten, dass sie ihre Leidenschaft auch weiterhin frei ausleben können. Um eine Verschärfung der Waffengesetze zu verhindern, investieren sie Millionen Dollars und nehmen Einfluss auf Politiker in Washington. Der neue Präsident der NRA, Oliver North, sei kein unbeschriebenes Blatt, sagt SRF-Experte Fredy Gsteiger.
SRF News: Wer ist Oliver North?
Fredy Gsteiger: North wurde weltweit mit einer Sache bekannt, die im Grunde total unglaubwürdig klingt, aber doch wahr ist. Die Rede ist von der sogenannten Iran-Contra-Affäre Mitte der 1980er-Jahre. Damals lieferten die USA gegen alle internationalen Embargos Waffen ausgerechnet an ihren Feind Iran, der damals schon unter der Kontrolle der Mullahs stand. Die Idee dahinter war, dass man damit amerikanische Geiseln in Libanon freibekommen wollte.
Oliver North war der Mann, der dahintersteckte.
Mit dem Geld, das die Amerikaner mit diesem Waffenverkauf verdienten, wurden rechte bis rechtsextreme Rebellen in Nicaragua unterstützt – auch das gegen amerikanische Parlamentsbeschlüsse. Der Mann, der diese ganzen Sachen koordinierte, war Oliver North. Am Ende wurde er deswegen angeklagt und verurteilt. Das Urteil wurde am Ende wegen technischer Mängel aufgehoben, aber im Grunde genommen wissen alle: Oliver North war der Mann, der dahintersteckte.
Wie wurde North dann zur Kultfigur der Rechten?
Aus der internationalen Aufmerksamkeit verschwand North. Er hatte ja kein öffentliches Amt mehr. Aber in Amerika war er immer sehr aktiv. Er war präsent auf rechten Radiostationen in den USA und im rechten Fernsehsender Fox News. Dort gab es sogar eine Serie «Kriegsgeschichten mit Oliver North».
Die Waffenlobby fürchtet, dass die Anhänger strengerer Waffengesetze Auftrieb haben.
Er blieb für politisch rechts gerichtete Leute sogar eine Heldenfigur. North begeisterte viele Leute im rechten Lager vielleicht auch deswegen, weil sie die ganze Iran-Contra-Affäre letztlich ganz gut fanden. Denn jemand hatte dem internationalen Recht, dem Völkerrecht und sogar den Mächtigen in Washington ein Schnippchen geschlagen.
Was soll North als Präsident der NRA erreichen?
Es soll dieser Lobby wieder mehr Sichtbarkeit verschaffen. Der letzte wirklich prominente Präsident der Waffenlobby war Charlton Heston, Schauspieler in Monumentalfilmen wie «Ben Hur». In der Zwischenzeit gab es eine ganze Abfolge von eher blassen Figuren. Mit North möchte man jetzt wieder eine im rechten Lager wirklich bekannte Figur, fast schon Heldenfigur, an der Spitze haben.
Die Waffenlobby fürchtet, dass die Anhänger strengerer Waffengesetze Auftrieb haben. Dies, weil viele Jugendliche, Schüler und Studenten für strengere Gesetze lobbyieren und damit auch auf den sozialen Plattformen Resonanz entwickeln. Man fühlt sich ein Stück weit unter Druck und will im eigenen Lager maximal mobilisieren.
Das Gespräch führte Karin Britsch.