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Neuer Vorsitz der SPD Hoffnungsträger Kevin Kühnert kandidiert nicht

Der Juso-Chef und entschiedene Groko-Gegner strebt nun doch nicht an die Parteispitze. Seine Begründung spricht Bände.

Der 30-jährige Juso-Chef Kevin Kühnert wurde am 7. Dezember 2017 deutschlandweit berühmt und sogar international bekannt. Mit einer leidenschaftlichen Rede warb er dafür, dass sich die SPD nach der verheerenden Wahlniederlage in der Bundestagswahl nicht nochmals in eine Grosse Koalition mit der Union zwängen lassen dürfe.

«Verdammt nochmal»

Kühnert sagte damals: «Wir, die wir hier in fünf, zehn, zwanzig Jahren Verantwortung übernehmen sollen, wollen und auch müssen – wir haben ein Interesse daran, dass hier noch was übrigbleibt von diesem Laden, verdammt nochmal. Und ich sehe im Moment nicht, dass wir Strategien fahren, bei denen noch was übrigbleibt.»

Kevin Kühnert.
Legende: Kevin Kühnert wurde zur Stimme der Groko-Gegner. Keystone

Die SPD trat trotzdem in die Groko ein. Aber Kühnert wurde zur Stimme der Groko-Gegner, zur Stimme, die ein Linksbündnis von SPD, Grünen und Linken anstrebte. Kühnert warb angesichts der Wohnungsnot in Deutschland für Enteignungen. Das war nicht wortwörtlich gemeint. Es war eine Provokation, um den politischen Diskurs in Deutschland nach links zu verschieben. Und das schaffte er.

Der überraschende Verzicht

Vor einigen Tagen waren in Kühnerts Videokolumne «Auf einen Kaffee mit Kevin Kühnert» neue Töne zu vernehmen: In knapp sieben Minuten begründet er, warum er nicht als Co-Vorsitzender der SPD antreten will.

Kühnert nennt zwei Gründe. Erstens: Er wolle aus persönlichen Gründen nicht – fühle sich nicht bereit, habe auch weder genügend Erfahrung noch den entsprechenden Apparat hinter sich.

Olaf Scholz und Kevin Kühnert
Legende: Weil Olaf Scholz (l.) ebenfalls die Parteispitze anstrebe, sei seine Kandidatur kontraproduktiv, sagt Kühnert. imago images

Zweitens: Politisch wäre seine Kandidatur kontraproduktiv. Weil sich auch Finanzminister Olaf Scholz, ein politisches Schwergewicht und Anhänger der Grossen Koalition bewerbe, würde es zu einem «Arena-Stierkampf» zwischen «zwei Alpha-Männchen» kommen, wenn er selbst kandidieren würde.

Der Juso-Chef weiss es natürlich besser: Das Duell Kühnert gegen Scholz hätte stellvertretend für die entscheidende Frage gestanden: In der Grossen Koalition bleiben oder rausgehen? Besser als an zwei Personen kann man einen inhaltlichen Konflikt öffentlichkeitswirksam nicht vermitteln.

Der Widerspruch

Kühnert traut sich das Amt nicht zu und traut sich nicht, zu kandidieren. Gleichzeitig aber sagt er zum Abschluss seiner Kolumne: «Eine Sozialdemokratie, die bei knapp über zehn Prozent steht, hat wenig zu verlieren, aber eigentlich alles zu gewinnen.» Eben, möchte man antworten.

Kevin Kühnert
Legende: Der Juso-Chef in seiner Videokolumne «Auf einen Kaffee mit Kevin Kühnert». SCREENSHOT YOUTUBE

Der Widerspruch zwischen Worten und Taten sticht auch optisch ins Auge. Kühnert sitzt in Karo-Hemd, Shorts und Leder-Sneakers mit einer Kaffeetasse auf einer Couch, hinter ihm ein Bild der SPD-Ikonen Willy Brandt, Helmut Schmidt und Herbert Wehner. Die drei wollten. Brandt war mit 44 Jahren regierender Bürgermeister von Berlin und benötigte mehrere Anläufe, bis er es ins Kanzleramt schaffte. Aber er wollte es.

Eine Sozialdemokratie, die bei knapp über zehn Prozent steht, hat wenig zu verlieren, aber eigentlich alles zu gewinnen.
Autor: Kevin Kühnert Juso-Chef

Dass Berufspolitiker Kühnert weder den Mut hat zu kandidieren, noch sich das Amt zutraut und es drittens aus persönlichen Gründen nicht will, ist ein Entscheid, der zu respektieren ist. Er hat Pro und Kontra abgewogen. Sein Entscheid sagt aber vor allem sehr viel über den Zustand dieser SPD aus.

Kandidaten für den SPD-Vorsitz

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