Zum Inhalt springen

Neuwahlen in Griechenland Griechenland befreit sich langsam von der Korruption

Im Korruptionsindex hat sich Griechenland massiv verbessert. Nur wissen das die Griechen selbst noch nicht.

Der 59-jährige Jurist Makis Voridis, ehemaliger griechischer Innenminister, war in den letzten Jahren für die Umsetzung der griechischen Antikorruptionsmassnahmen mitverantwortlich – für den sogenannten nationalen Plan der Korruptionsbekämpfung. «Auch wenn wir strafrechtlich mehr als gewappnet sind, die Frage ist: Wie kriegen wir die Täter? Wir haben eine Reihe von Massnahmen verabschiedet, die darauf abzielen: Etwa interne Kontrollen, die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung – neue Strukturen, die für mehr Integrität im Kontakt mit der Bevölkerung sorgen.»

Auch wenn wir strafrechtlich mehr als gewappnet sind. Die Frage ist: Wie kriegen wir die Täter?
Autor: Makis Voridis ehemaliger griechischer Innenminister,

Der ehemalige Innenminister nennt das Standesamt als Beispiel: «Wenn ein Beamter gefälschte Urkunden ausstellt, die jemanden als griechischen Staatsbürger erscheinen lassen oder wichtige Daten wie etwa das Geburtsdatum fälscht, kann das enorme rechtliche Folgen haben. Wie könnte die interne Kontrolle da vorbeugend helfen? Der Kontrolleur findet Stellen im Verfahren, die eine Gefahrenquelle sein könnten und schlägt Lösungen vor. Der Kampf gegen die Korruption muss etwas Beständiges sein. Und ich glaube, diese Bemühungen hat die internationale Gemeinschaft bei uns gesehen und hat deshalb die Position Griechenlands im Korruptionswahrnehmungsindex verbessert.»

Für die Bevölkerung nach wie vor ein Problem

Für den Index wertet Transparency International Erhebungen von unabhängigen Institutionen aus, die sich auf Befragungen von Expertinnen und Experten stützen, etwa von Wirtschafts- und Politikwissenschaftlern, Unternehmerinnen und Investoren.

Dass deren Wahrnehmung nicht unbedingt die der einfachen Leute ist, macht sich auf den Strassen Athens bemerkbar. Hier wird die Korruption von vielen Menschen nach wie vor als Riesenproblem wahrgenommen, etwa von der 50-jährigen Vasiliki Makrina: «In allen Bereichen: Du weisst, du musst bezahlen, damit deine Angelegenheit schnell und gut erledigt wird oder damit sich das medizinische Personal im Spital besser um deinen Verwandten kümmert. Am korruptesten aber ist die Politik. Da kannst du sauber reingehen und du kommst dreckig wieder raus. Ich glaube nicht, dass sich das ändern wird. Es ist zum Verzweifeln.»

Solch kritischen Stimmen wundern Giorgos Kasápas wenig. Der 42-Jährige arbeitet für die 2019 gegründete griechische Antikorruptionsbehörde, die der Regierung bei der Umsetzung der Antikorruptionsreformen behilflich ist.

Wir wollen neue Verhaltensweisen schaffen, in denen Korruption keinen Platz mehr hat.  Und da sind Kinder und Jugendliche nun mal die beste Zielgruppe
Autor: Giorgos Kasápas Griechische Antikorruptionsbehörde

In einer Studie der Behörde werde das grosse Misstrauen der Griechinnen und Griechen gegenüber dem Staat bestätigt, so Kasápas: «80 Prozent der griechischen Bürgerinnen und Bürger glauben, dass die Korruption in Griechenland gross ist. Es bedarf Arbeit von unserer Seite, damit die Menschen über die Reformen informiert werden, denn Griechenland ändert sich ja. Wir wollen neue Verhaltensweisen schaffen, in denen Korruption keinen Platz mehr hat.  Und da sind Kinder und Jugendliche nun mal die beste Zielgruppe.»

Kommende Regierung soll weiterfahren 

Doch Griechenland steht kurz vor den Parlamentswahlen und viele der Reformen sind noch in der Umsetzungsphase. Ex-Innenminister Voridis ist sich zwar sicher, dass seine Partei, die konservative Nea Dimokratia, die Wahlen gewinnen wird. Er ist aber der Auffassung, dass auch eine andere Regierung die Reformen mittragen würde. Nur so könne sich Griechenland im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International weiterhin verbessern.

Echo der Zeit, 30.05.2023, 18 Uhr

Meistgelesene Artikel