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Opfer in schlechtem Zustand Neuer Nowitschok-Fall in Südengland verunsichert Einwohner

Wie geht es den beiden Opfern? Sehr schlecht. Sie befinden sich in einem «kritischen Zustand», heisst es in offiziellen Stellungnahmen. Bei Einlieferung in die Klinik waren sie nicht mehr ansprechbar; ein Bekannter berichtete von Schaum, der den Opfern aus dem Mund lief. Wahrscheinlich liegt das Paar jetzt – wie damals der ehemalige russische Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Julia – im Koma.

Wurde das Paar Opfer eines gezielten Giftanschlags? Davon gehen die britischen Behörden nicht aus. Das berichtete Sicherheitsstaatssekretär Ben Wallace der Fernseh- und Radioanstalt BBC. Die beiden Opfer könnten zufällig mit einem kontaminierten Gegenstand in Kontakt gekommen sein, der beim Anschlag auf die Skripals genutzt worden war.

Haben die Menschen in der Region Angst? Dass irgendwo noch Nowitschok-Reste herumliegen könnten, beunruhigt sie. Sie fordern vor allem mehr Aufklärung von den Behörden. Die schätzen die Gesundheitsgefahr aber nicht als besonders gross ein und haben fünf Areale ausgemacht, in denen die Opfer kurz vor ihren ersten Vergiftungssymptomen waren. Darunter sind ein Park in Salisbury und eine Kirche in Amesbury. Wer hier in einem bestimmten Zeitraum gewesen sei, solle seine Kleidung waschen, Handys und Taschen abwischen und Schmuck mit warmen Wasser abspülen, so die Empfehlung. Unbekannte Objekte sollen generell nicht aufgehoben werden. Zudem richteten die Behörden eine Telefon-Hotline ein.

Leidet die Region auch finanziell unter den Vergiftungsfällen? Die Geschäftsleute von Salisbury sind ziemlich genervt: Sie erleiden durch Sperrungen und ausbleibende Touristen deutliche Einbussen. «Ihr Besuch ist sehr wichtig, das stärkt die Moral und bringt die Leute hoffentlich zurück in die Stadt. Wir brauchen Touristen, um zu überleben», sagte erst vor zwei Wochen eine Einwohnerin beim Besuch von Prinz Charles und seiner Frau Camilla in der Stadt.

Wie wirkt Nowitschok? Das Nervengift gelangt über Haut oder Atemwege in den Körper und führt meist binnen weniger Stunden zum Erstickungstod. Wer dennoch eine Nowitschok-Vergiftung überlebt, dem drohen bleibende Schäden und Spätfolgen.

Wer stellt so ein Nervengift überhaupt her? Nowitschok ist nicht gleich Nowitschok; die Giftgruppe gibt es in Varianten. Nowitschok (russisch für Neuling) war in der früheren Sowjetunion entwickelt worden. Danach tauchte das extrem gefährliche Nervengift in anderen Ländern auf – auch zu Forschungszwecken.

Der deutsche Chemiewaffenexperte Ralf Trapp ist überzeugt, dass in mehreren Ländern damit experimentiert wurde: «Ganz bestimmt in den USA, sicher auch in einigen europäischen Ländern und vielleicht auch in Staaten in Asien.» Trapp hat auch als unabhängiger Berater für die Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) gearbeitet.

Das Problem beim Nachweis von Nowitschok

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Legende: Keystone

Es ist theoretisch möglich, die Quelle des Nervenkampfstoffs Nowitschok nachzuweisen. Dafür muss man laut Experten nach Beimischungen und Verunreinigungen in den Proben suchen. Diese sogenannten chemischen Signaturen können zum Ursprungsort führen. Das setzt allerdings voraus, dass es vom Ursprungsort entsprechende Kontrollproben gibt.

Der Kampfstoff wurde in den 1970er- und 1980er-Jahren in der Sowjetunion in einer geheimen Einrichtung entwickelt und produziert. Das Nervengift ist nur sehr schwer herzustellen , dazu hat laut Chemikern nur ein staatlicher Akteur die Fähigkeiten. Es gibt demnach aber weltweit nur wenige Institute, die diese Stoffe kennen.

Wieso soll dann Moskau für die Vergiftungen verantwortlich sein? Möglich ist das schon, aber nicht sicher. Grossbritannien behauptet das – einen klaren Beweis dafür hat aber noch niemand auf den Tisch gelegt. Auch in Grossbritannien gibt es Zweifel an den Darstellungen der Regierung um Premierministerin Theresa May. Dass Nowitschok früher in der Sowjetunion produziert wurde, ist nach Angaben Londons nur eine von mehreren Spuren. Es soll weitere Belege geben. Aber welche? Aussenminister Boris Johnson beschuldigte Moskau, Nowitschok für potenzielle Anschläge produziert und gehortet zu haben. Fakt ist zumindest, dass es eine Häufung mysteriöser Todesfälle von Ex-Agenten und Kreml-Kritikern in Grossbritannien gibt.

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