Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Organisierte Kriminalität Balkanbanden dominieren den Kokainhandel

Kriminelle Gruppen aus Montenegro, Albanien und Serbien sind federführend im europäischen Kokainhandel. Sie setzen dabei auf lose Strukturen und punktuelle Zusammenarbeit.

Jahrzehntelang hätten die Banden aus Albanien, Serbien und Montenegro auf ihre dominante Stellung im Kokainhandel hingearbeitet, sagt Fatona Mejdini. Sie leitet die Abteilung Südosteuropa bei der «Global Initiative Against Organized Crime». Damit es ihnen gelang, mussten gleich mehrere Faktoren zusammenkommen.

Entstanden seien die Gruppen in den 1990er-Jahren, als der Balkan von Kriegen und Krisen geprägt war. Teilweise profitierten die Banden damals auch von Verbindungen in die Politik. In dieser Zeit knüpften sie Kontakte zu anderen Mafiagruppen, haben etwa einzelne Aufträge für die italienische ‘Ndrangheta übernommen, wie Mejdini erklärt.

Rolle von ‘Ndrangheta und Farc übernommen

Als dann in Lateinamerika mit der Auflösung der Farc und in Europa durch Polizeiaktionen gegen die italienische Mafia neue Räume entstanden, waren die Banden vom Balkan bereit, diesen Platz auszufüllen.

Die Albaner liefern Logistik, die Serben Geld und die Montenegriner Seefahrer.
Autor: Marko Vesovic Journalist, recherchiert über organisierte Kriminalität

Inzwischen kontrollieren die verschiedenen Gruppen vom Balkan aus die gesamte Lieferkette des Kokains – von den Produktionsländern in Lateinamerika über den Transport bis zum Verkauf auf den Strassen Europas. Ein lukratives Geschäft mit Milliardengewinnen, zumal der Konsum in Europa jährlich steigt.

Flexible Organisationsstruktur

Über lose Verbindungen arbeiten sie mit anderen internationalen Organisationen zusammen. «Das ist für den interkontinentalen Drogenhandel zentral», sagt Fatona Mejdini. Offene Kriege zwischen den Banden, wie er seit elf Jahren zwischen zwei Banden in Montenegro tobt, sind dabei die Ausnahme.

Die meisten Gruppen des Balkans arbeiteten beim Kokainschmuggel zusammen, erklärt der Journalist Marko Vesovic, der seit Jahren im Umfeld der organisierten Kriminalität recherchiert: «Die Albaner liefern Logistik, die Serben Geld und die Montenegriner Seefahrer.»

Polizisten inspizieren beschlagnahmte Drogenpakete in Lagerhalle.
Legende: Immer wieder gelingt den Ermittlern in Europa ein Schlag gegen die Kokain-Banden. Wie hier, als im spanischen Hafen Algeciras 13 Tonnen Kokain, versteckt in einer Lieferung Bananen, entdeckt und beschlagnahmt wurden. Womöglich steckten auch hier die Balkan-Banden hinter dem Mega-Schmuggelversuch. Reuters/Jon Nazca

Die Gruppen blieben dabei aber eigenständig, die Zusammenarbeit finde nur punktuell statt. Ein festes, zusammenhängendes Balkankartell existiere nicht, so Marko Vesovic: «Ich kenne keine Beweise für eine überregionale Organisation.»

Strafverfolgung muss international geschehen

Die Länder des Balkans nutzten die Banden in erster Linie zur Rekrutierung neuer Mitglieder sowie für die Geldwäsche, so der Journalist. Dies sei vor allem im Immobiliensektor sichtbar. Ansonsten lösten sie sich immer mehr von ihrer eigentlichen Heimatregion und operierten global.

Das macht die Strafverfolgung für die lokalen Behörden schwierig, denen beide Experten ein grosses Bemühen attestieren. Die Zeiten, in denen die Banden von den Behörden toleriert wurden oder es gar Zusammenarbeit mit der Politik gegeben habe, seien vorbei.

Doch die Macht der Banden, die über weltweite Netzwerke und hunderte Millionen Euro verfügten, überstiegen die Fähigkeiten der lokalen Polizei und Justiz, so Fatona Mejdini. Es brauche deshalb auch auf Seiten der Ermittler weltweite Kooperation.

Rendez-vous, 18.9.2025, 12:30 Uhr

Meistgelesene Artikel