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Südkorea entmachtet Präsidentin
Aus Tagesschau vom 10.03.2017.
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Präsidentin abgesetzt Park droht eine jahrelange Haftstrafe

Die Absetzung von Präsidentin Park Geun Hye wird offenbar von der Mehrheit der Südkoreaner begrüsst. Trotzdem dürfe es zu grossen Demonstrationen und Ausschreitungen kommen, sagt der Journalist Fabian Kretschmer. Er lebt und arbeitet in Seoul.

SRF News: Wie sind die Reaktionen in Südkorea auf die Amtsenthebung von Präsidentin Park durch das Verfassungsgericht?

Demos und Tote

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Bei den Demonstrationen von Anhängern Parks sind nach Medienberichten zwei Menschen gestorben. So wurde ein 72-jähriger Mann in der Nähe des Verfassungsgerichts in Seoul schwer verletzt aufgefunden. Er starb kurz darauf. Ausserdem sei ein 60 Jahre alter Mann in der Nähe des Gerichts gestorben. Details gab es zunächst nicht.

Fabian Kretschmer: Die südkoreanische Gesellschaft ist gespalten. Es gibt Freudentänze auf den Strassen, aber auch Trauer und Wut. Derzeit sieht man vor allem die Anhänger Parks. Das hat vor allem damit zu tun, dass dies meist Senioren sind, die nicht mehr zur Arbeit müssen und jetzt, zur Mittagszeit, das Bild in den Strassen dominieren. Das dürfte am Abend allerdings ändern: Um 19 Uhr ist die «Kerzenschein-Demo» der Park-Gegner angesetzt. Dort dürfte ausgelassen gefeiert werden.

Die Polizei macht sich offenbar auch auf Ausschreitungen gefasst. Ist bereits etwas vorgefallen?

Die südkoreanische Nachrichtenagentur spricht von zwei Toten, allerdings ist nicht klar, was passiert ist. Sicher ist, dass es bereits zu kleineren Ausschreitungen und Rangeleien gekommen ist. So haben Senioren in einer U-Bahnstation Journalisten herumgeschubst, andernorts haben sie gegen Polizeibusse geschlagen. Insgesamt sind 20'000 Polizisten in der Seouler Innenstadt im Einsatz, sie haben viele Strassen mit Bussen abgesperrt.

Der Richterentscheid fiel einstimmig mit 8:0. Waren die Meinungen wirklich so klar?

Das weiss man nicht. Über die Arbeit des Gerichts ist in den letzten Wochen nichts nach aussen gedrungen. Entsprechend gespalten waren auch die Erwartungen der Experten vor Veröffentlichung des Urteils. Trotzdem ist der Entscheid nicht wirklich überraschend, denn es ging ja nicht darum, über die Korruptionsvorwürfe gegen Park zu richten. Die Richter hatten einzig zu entscheiden, ob die Präsidentin ihre Kompetenzen derart überschritten hat, dass sie nicht mehr in der Lage ist, das Land zu regieren.

Es gibt viele innen- und geopolitische Probleme. Da braucht das Land rasch eine starke Führung.

Was passiert nun mit der abgesetzten Präsidentin Park?

Es gibt keinen vergleichbaren Fall, weil sie die erste Präsidentin in Südkorea ist, die ihres Amtes enthoben wurde. Konsens herrscht darüber, dass das Urteil unverzüglich Gültigkeit hat und auch keine Revisionsmöglichkeit besteht. Damit ist Park ab sofort nicht mehr Präsidentin Südkoreas. Sie muss in ihre Privatwohnung umziehen, hat weniger Privilegien, Rente und Personal zur Verfügung. Das wichtigste aber ist, dass sie ihre Immunität verliert und nun ein Strafverfahren am Hals hat. Die Vorwürfe sind sehr schwer, es könnte sein, dass sie dereinst zu einer jahrelangen Gefängnisstrafe verurteilt wird.

Die Affäre um Park hält das Land seit Monaten in Atem, der Absetzung sind monatelange Strassenproteste vorausgegangen. Ist die politische Krise nun beendet?

Kaum. Zunächst wird es nochmals grosse Demonstrationen von Anhängern und Gegnern Parks geben, bei denen es auch zu Ausschreitungen kommen könnte. Ausserdem ging es bei dem Korruptionsskandal nicht nur um die Präsidentin, auch Berater und Ministerien sind involviert. Die strafrechtliche Aufarbeitung des Falles wird das Land auch in den nächsten Monaten beschäftigen.

Spätestens bis am 9. Mai gibt es Neuwahlen. Wird die Opposition von der Affäre um Präsidentin Park profitieren können?

Es wäre eine grosse Überraschung, wenn die linke Oppositionspartei nach den Wahlen nicht den Präsidenten stellen würde. Die Konservativen hatten ihre Hoffnung in eine Kandidatur von Ex-UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon gesetzt, doch der steht nicht zur Verfügung. Einziger Kandidat, dem noch Chancen zugerechnet werden, bleibt für die Konservativen damit der jetzige Ministerpräsident Hwang Kyo Ahn. Allerdings haben schätzungsweise 80 Prozent aller Südkoreaner das Amtsenthebungsverfahren begrüsst, darunter sind also auch viele konservative Wählerinnen und Wähler. Entsprechend scheint das Volk einen Wandel zu herbeizusehnen. Wichtig ist vor allem, dass das seit Monaten herrschende Führungsvakuum beendet wird. Mit dem Nordkorea-Konflikt und dem umstrittenen, von den USA installierten Raketenabwehrsystem THAAD gibt es viele innen- und geopolitische Probleme. Da braucht das Land eine starke Führung.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge.

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