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Parlament aufgelöst Pakistan: Regierung leitet Neuwahlen ein, um Zeit zu gewinnen

In Pakistan wird es innerhalb von 90 Tagen Neuwahlen geben. Präsident Arif Alvi hat zugestimmt, das Parlament aufzulösen. Diesen Schritt hatte Premierminister Shebaz Sharif am Mittwoch bereits angekündigt. SRF-Korrespondentin Maren Peters zu den Vorgängen.

Maren Peters

Südasien-Korrespondentin

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Maren Peters ist seit September 2022 Südasien-Korrespondentin für Radio SRF und berichtet von Indien aus über Afghanistan, Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka, Nepal, Bhutan und die Malediven. Zuvor war sie Wirtschaftsredaktorin bei Radio SRF. Dabei beschäftigte sie sich insbesondere mit internationaler Wirtschafts- und Entwicklungspolitik sowie Nachhaltigkeits- und Rohstofffragen.

Warum wird das Parlament aufgelöst?

Neuwahlen sind ohnehin fällig. Die fünfjährige Legislaturperiode würde in zwei Tagen, am 12. August, auslaufen. Dadurch, dass die Regierung das Parlament schon vorher auflöst, gewinnt sie mehr Zeit für den Wahlkampf. Denn jetzt muss sie eine Übergangsregierung einsetzen, die drei Monate Zeit hat, die Wahlen durchzuführen. Ohne vorzeitige Auflösung hätte die Wahl schon in zwei Monaten durchgeführt werden müssen. Die Regierung hat aber angekündigt, dass sie erst eine Volkszählung durchführen und aufgrund derer die Wahlkreise neu einteilen will. Das könnte die nächste Wahl um weitere drei Monate verzögern.

Was ist das Ziel?

Die Regierung versucht, Zeit zu gewinnen, vermutlich in der Hoffnung, dass sich das Land in den nächsten Monaten etwas stabilisiert. Denn Pakistan steckt in einer Dreifach-Krise: in einer Sicherheitskrise – immer wieder erschüttern Terroranschläge das Land –, einer tiefen Wirtschafts- und einer politischen Krise. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung ist tief. Der Frust hat sich zuletzt in gewaltsamen Unruhen nach der ersten Festnahme von Oppositionsführer Imran Khan vor drei Monaten entladen, die die Regierung mit harten Massnahmen beendet hat.     

Warum bekämpft der aktuelle Premierminister den vorherigen so heftig?

Weil der frühere Premierminister Imran Khan immer noch sehr populär ist in der Bevölkerung und die höchsten Umfragewerte im Land hat. Er hat es als Politiker als Chef der Tehreek-e-Insaf-Partei geschafft, sich beim Volk als eine Art Robin Hood zu präsentieren, der gegen die korrupten Eliten kämpft. Darum hätte Khan, wenn er bei der nächsten Wahl antreten dürfte, vermutlich sehr gute Chancen, wiedergewählt zu werden. Das macht ihn für Amtsinhaber Shehbaz Sharif gefährlich.

Premierminister Shebaz Sharif
Legende: Pakistans Premierminister Shehbaz Sharif an einer Parlamentssitzung in Pakistan. (9. August 2023) Keystone/Press Information Department via AP

Wie gut führt die aktuelle Regierung das Land?

Die Regierung um Shehbaz Sharif hat im letzten Jahr ein hoch verschuldetes, instabiles Land übernommen. Dann kam die Jahrhundertflut, die alles noch verschlimmert hat. Die Regierung hat es immerhin geschafft, einen Hilfskredit mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) auszuhandeln, was sehr schwierig war. Das verschafft ihr etwas Luft. Aber dieser Kredit ist mit strengen wirtschaftspolitischen Auflagen verbunden, die die Lage vieler Menschen noch weiter verschlechtern dürfte. Das macht den IWF – und die Regierung – beim Volk unbeliebt. Eine sehr undankbare Ausgangslage für eine Regierung, die wiedergewählt werden will.

Wie sicher ist, dass Premier Sharif wieder eine Mehrheit erhält?

Ziemlich sicher, nach jetzigem Stand. Hauptherausforderer Imran Khan sitzt voraussichtlich für die nächsten drei Jahre im Gefängnis und darf sich in den nächsten fünf Jahre auch an keinen Wahlen beteiligen. Zudem will die Regierung die Wahlkreise nach eigenem Gusto neu zuschneiden – das alles, wie es aussieht, mit Unterstützung des mächtigen Militärs. Darum muss sich Premierminister Sharif vermutlich nicht allzu grosse Sorgen um seine Wiederwahl machen.

SRF 4 News, 10.08.2023, 07:20 Uhr ; 

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