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Parlamentswahlen In Indien stehen die teuersten Wahlen aller Zeiten an

Die grösste Demokratie wählt ab Freitag sechs Wochen lang ein neues Parlament – es sind die längsten Wahlen der Welt.

Der Favorit: Die besten Chancen werden der seit zehn Jahren regierenden hindu-nationalistischen Bharatiya-Janata-Partei (BJP) unter Premierminister Narendra Modi eingeräumt. Der 73-Jährige gilt als stärkstes Zugpferd seiner Partei. In einer Umfrage vom Februar (Ipsos) erreichte er Zustimmungswerte von 75 Prozent. In den Hindi sprechenden Staaten im Norden Indiens liegt der Wert sogar bei 92 Prozent. Im besser gebildeten, nicht Hindi sprechenden Süden Indiens unterstützen nur 35 Prozent Modis Politik. 

Der indische Premierminister mit einem farbigen Schal
Legende: Narendra Modi ist seit zehn Jahren in Indien an der Macht. Keystone/Harish Tyiagi

Dafür steht Modi: Er verkauft sich als Mann, der Versprechen umsetzt. Seine Fans loben ihn für den Ausbau der Infrastruktur, das starke Wirtschaftswachstum Indiens und die gestärkte Präsenz auf der Weltbühne, zum Beispiel als Gastgeber des G20-Gipfels im letzten Jahr.

Ein Tempel anstelle einer Moschee

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Ein hell und farbig erleuchteter Tempel
Legende: Die Einweihung des Ram-Tempels im Januar 2024 Reuters/Adnan Abidi

Was seine Unterstützerinnen und Unterstützer im nordindischen Hindi-Gürtel gemäss Umfragen besonders goutieren, ist die Einweihung eines Tempels für den in Indien beliebten Hindu-Gott Ram im nordindischen Ayodhya. Der Tempel ist umstritten, weil an seiner Stelle früher eine Moschee stand. Sie wurde 1992 von einem Hindu-Mob zerstört, bei den anschliessenden Ausschreitungen starben Tausende Menschen, die meisten von ihnen Muslime. Hindu-Nationalismus ist ein wichtiger Teil der Regierungsagenda. Sie hat zu starker Polarisierung der Gesellschaft geführt. 80 Prozent der indischen Bevölkerung sind Hindus.

Deutlich schlechter ist Modis Bilanz bei wichtigen Themen wie Armutsbekämpfung und Schaffung neuer Arbeitsplätze, vor allem für die wachsende Zahl junger Inderinnen und Inder. Die Ungleichheit unter Modi ist nach Berechnungen des Paris Inequality Lab deutlich gewachsen. Ein Prozent der Bevölkerung verfügt heute über 40 Prozent des Vermögens. Das ist auch im Vergleich zu Südafrika oder den USA ein sehr hoher Wert.

Der Gegenkandidat: Modis Gegenspieler ist Rahul Gandhi von der Kongresspartei. Er ist der Enkel der früheren Premierministerin Indira Gandhi. Er hat noch nie ein Ministeramt bekleidet und die letzten beiden Wahlen gegen Modi verloren. Unter internem Druck musste Gandhi 2019 den Vorsitz der Kongresspartei abgeben. Trotzdem ist er noch die dominierende Persönlichkeit der Opposition – kein Name ist in Indien bekannter.

Ein Mann in einem weissen Hemd vor einem roten Hintergrund
Legende: Rahul Gandhi ist der Grosssohn der früheren Premierministerin Indira Gandhi. Keystone/Harish Tyagi

Im März 2023 wurde Gandhi von einem Regionalgericht aus Modis Heimatstaat Gujarat wegen angeblicher Beleidigung Modis zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Als Folge wurde er von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen und musste sein Abgeordnetenmandat und seine Dienstvilla in Delhi abgeben. Das Urteil wurde später aufgehoben.

Dafür steht die Kongresspartei: Sie zieht mit Themen wie soziale Gerechtigkeit und bessere Ausbildung in den Wahlkampf. Die Partei ist Teil einer Oppositionsallianz (India), die allerdings stark zersplittert ist. Zahlreiche Oppositionspolitiker sind in den letzten Wochen zur BJP übergelaufen. Die Allianz ist auch deshalb geschwächt, weil die Regierung sämtliche Konten der Kongresspartei, dem wichtigsten Allianzmitglied, wenige Wochen vor der Wahl gesperrt hat.

Rund 970 Millionen Wählende: Die Wahlen finden vom 19. April bis 1. Juni statt. Das Ergebnis soll am 4. Juni bekannt gegeben werden. Ausgetragen werden die Wahlen in sieben Etappen. Rund 970 Millionen Menschen dürfen wählen gehen – das entspricht der doppelten Zahl aller EU-Bürgerinnen und -Bürger.

Ein Polizist in einem Wahlbüro in Indien.
Legende: Sechs Wochen lang dauern die Parlamentswahlen in Indien. REUTERS/Navesh Chitrakar

Die Wahlberechtigten geben ihre Stimme mithilfe von 5.5 Millionen elektronischen Wahlmaschinen ab. Weil ein Viertel der Bevölkerung nicht lesen und schreiben kann, drücken die Wählerinnen und Wähler nur eine Taste mit dem Wahlsymbol. Die BJP-Partei tritt mit einer Lotosblüte an, die Kongresspartei mit einer Hand.

Ziel der BJP: Gewählt werden 543 Mitglieder der Lok Sabha, der unteren Kammer des Parlaments («Volkskammer»). Bei der letzten Wahl 2019 gewann die BJP 303 Sitze. Diesmal strebt sie – gemeinsam mit ihrer Parteienkoalition («National Democratic Alliance») – 400 Sitze an. Das wäre die absolute Mehrheit, mit der Modis BJP im Alleingang die Verfassung ändern könnte.

Die teuerste Wahl der Welt

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Nach Schätzungen des Thinktanks Centre for Media Studies in Delhi werden Parteien, Kandidatinnen und Kandidaten in dieser Wahl umgerechnet 14.4 Milliarden Dollar ausgeben. Das ist rund doppelt so viel wie bei der letzten Wahl 2019. Die Wahlen wären damit nicht nur die teuersten in der Geschichte Indiens, sondern auch die teuersten weltweit.

Der Grossteil des Geldes wird über Wahlanleihen eingesammelt. Dabei können Privatleute oder Unternehmen Anleihen bei der Zentralbank kaufen und später einer politischen Partei spenden. Am meisten davon profitiert hat bisher die Regierungspartei BJP. 

Das Geld fliesst in Wahlkampagnen, Anzeigen, Social-Media-Kampagnen und auch direkt an Wählerinnen und Wähler. Wohin genau, ist nicht bekannt. Es gibt wenig Transparenz.

Rendez-vous, 19.4.2024, 12:30 Uhr;kesm

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