Imagepflege ist wichtig für die Armee zur Territorialverteidigung, polnisch Wojska Obrony Terytorialnej (WOT). Bei der vor sechs Jahren gegründeten Freiwilligentruppe gibt es sogar ein eigenes Rap-Duo: «Immer bereit, immer in der Nähe. Treu zur geliebten Heimat bis zum Ende», singen die beiden Wochenendsoldaten.
Patriotismus ist wichtig bei der Rekrutierung neuer Freiwilliger. Dazu gehört auch, dass die Freiwilligen das legendäre Zeichen des polnischen Widerstands tragen dürfen: die Kotwica – ein Anker, der während des Zweiten Weltkriegs als Symbol der Untergrundarmee diente.
Gefreiter Wojciech Peszko trägt die Uniform seit fast fünf Jahren. «Ich war schon immer fasziniert von der Armee», sagt der Flugzeugmechaniker in einer Kaserne im südostpolnischen Rzeszów.
Ich weiss, dass ich damit Gutes tue.
Mindestens ein Wochenende im Monat verbringt der Vater von zwei Kindern in Uniform. Der Sold beträgt magere 25 Franken pro Tag. «Der Dienst ist ein Opfer. Aber ich weiss, dass ich damit Gutes tue», sagt Peszko.
Ganz besonders prägend für ihn war der letzte Winter, als Hunderttausende aus der Ukraine flüchteten und über die Grenze kamen. Peszko half damals, Transporte und Schlafplätze zu organisieren.
Der Ukrainekrieg und die vielen Flüchtlinge habe der Territorialverteidigung so viele Einsätze beschert wie noch nie, sagt Oberst Michal Malyska. «Und wir hatten viele Freiwillige, die sich bei uns gemeldet haben.»
Die kann die Territorialverteidigung gebrauchen. Als die nationalkonservative Regierung die Truppe 2017 gründete, wollte sie innert zwei Jahren 50'000 Freiwillige rekrutieren. Sechs Jahren später sind es erst 36'000.
Schon vor dem Krieg in der Ukraine unterstützten sie Feuerwehr und Polizei. «Unsere Hauptaufgabe ist es, der lokalen Bevölkerung zu helfen», sagt Oberst Malyska.
Eine Beschäftigung für radikale Paramilitärs
Dafür sei die Territorialverteidigung eigentlich nicht gedacht, widerspricht Sicherheitsanalyst Marek Swierczynski des polnischen Analysezentrums Polityka Insight . Dass die Truppe als eine Art Zivilschutz eingesetzt wird, sei eine Folge des Personalmangels bei Feuerwehr, Grenzschutz und Rettungskräften.
«Als die Nationalkonservativen 2015 an die Macht kamen, wollten sie mit der Freiwilligentruppe eigentlich die polnische Bevölkerung wehrhafter machen», sagt Swierczynski. Zudem hätten sich damals, während der Flüchtlingskrise, ziemlich radikale paramilitärischen Gruppen gebildet. «Die Regierung wollte ihnen ein Betätigungsfeld bieten, um sie besser kontrollieren zu können», erklärt der Sicherheitsanalyst. «Wahrscheinlich war das eine kluge Entscheidung.»
Ausserdem ist Swierczynski überzeugt, dass die Freizeitsoldaten in einem Krieg etwas ausrichten können. Das zeigten die Territorialkräfte in der Ukraine, die dort eine wichtige Rolle gegen die Russen spielten.
Die Berufssoldaten waren neidisch, dass die Freiwilligen besser ausgerüstet wurden als sie.
Den polnischen Berufsmilitärs passte die Freiwilligentruppe zu Beginn nicht. «Die Berufssoldaten waren neidisch, dass die Freiwilligen besser ausgerüstet wurden als sie, dass sie neue Fahrzeuge und Trainingszentren erhielten», erklärt Swierczynski.
Inzwischen habe sich das Konkurrenzdenken gelegt. Die Territorialverteidigung hat sich Respekt verschafft. Das spürt auch Gefreiter Peszko: «Als ich zur Armee kam, nannte man uns Schmarotzer. Heute höre ich: ‹Danke, dass es euch gibt.›»