In bundesweiten Umfragen ist die Alternative für Deutschland mit 25 bis 27 Prozent mit der CDU gleichgezogen. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, wo nächstes Jahr die Landesparlamente neu gewählt werden, ist sie in Umfragen gar mit gegen 40 Prozent mit Abstand stärkste Partei. Alle Versuche, den Aufstieg der AfD durch Ausgrenzung zu stoppen, haben nichts gebracht. Gestern hat das CDU-Präsidium darüber beraten, ob ein anderer Umgang mit der Partei nicht sinnvoller wäre. Doch Bundeskanzler und CDU-Chef Friedrich Merz bleibt dabei: Es soll keine politische Zusammenarbeit mit der AfD geben.
Wie sieht die Anti-AfD-Strategie der CDU aus?
Die Strategie sieht nicht viel anders aus als die bisherige, es bleibt bei einer klaren Abgrenzung. Kanzler Merz bezeichnet die vom Bundesverfassungsschutz als in Teilen gesichert rechtsextreme Partei eingestufte AfD als «Hauptgegner» für die kommenden Wahlen. Die AfD wolle die CDU erklärtermassen zerstören. Der Kanzler hat erneut klargemacht, dass nicht nur Details die CDU von der AfD trennten, sondern grundsätzliche Fragen, grundsätzliche politische Überzeugungen. Merz will die AfD noch deutlicher als bisher inhaltlich stellen, deutlicher als bisher sagen, wofür diese stehe. Merz ist ausserdem überzeugt, dass man mit «gutem Regieren» der AfD den Schneid durchaus abkaufen könne.
Wie überzeugend ist diese Strategie?
Nicht sehr überzeugend. Das mit dem Inhaltlich-Stellen und dem Abgrenzen hat bisher auch nicht wirklich funktioniert, der Zuspruch der AfD wurde nicht kleiner, im Gegenteil. Und «gutes Regieren» tönt auch nach Pfeifen durch dunklen Wald. Die schwarz-rote Koalition tut sich bisher eben gerade nicht durch gutes Regieren hervor, sondern durch interne Querelen und Streit. Was nicht dazu dient, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen.
Ist Merz' umstrittene Aussage zum Stadtbild auch dieser Anti-AfD-Strategie geschuldet?
Jedenfalls nimmt er von dieser Aussage nichts zurück. Im Gegenteil, er betont, dass er Probleme benennen und sich um die Lösung zu kümmern habe. Merz hatte letzte Woche erklärt, dass man frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigiere und Fortschritte mache. Aber dass man «natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem» habe. Viele Menschen fühlen sich durch diese Äusserung vor den Kopf gestossen, sie werfen Merz Rassismus vor. Die Verelendung und Verwahrlosung von Innenstädten an der illegalen Migration festzumachen, greift aber wohl tatsächlich arg kurz. Das gibt genau jenen Leuten Munition, die sagen: Merz tönt ja heute schon wie die AfD, da gibt es ja doch Gemeinsamkeiten.
Bleibt die Brandmauer bestehen?
De facto, ja, auch wenn Merz diese viel beschworene Bezeichnung aus dem Sprachgebrauch der CDU streichen will. Jene CDU-Politiker, wie den ehemaligen Parteisekretär Tauber oder Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg, die die Brandmauer zur AfD in Frage gestellt hatten, bezeichnete Merz als «Randfiguren». Merz will diese Debatte beenden, spricht hier ein Machtwort und hat die Rückendeckung des gesamten Präsidiums. Der Unvereinbarkeitsbeschluss von 2018 bleibe bestehen. Was geschieht, sollte die AfD nächstes Jahr bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern oder in Sachsen-Anhalt stärkste Partei werden, steht dann wieder auf einem anderen Blatt.