Der Mann ist nicht auf den Mund gefallen. Simon Harris spricht gerne schnell. Das irische Bildungsbudget erklärt er in den sozialen Medien gerade einmal in 60 Sekunden. Harris erklärt die Welt häufig in kurzen, digital-verträglichen Dosen. Er wird deswegen gelegentlich als Tiktok-Minister bezeichnet.
Nicht nur in der virtuellen Welt ist Harris schnell unterwegs, sondern auch auf der politischen Karriereleiter. Mit 15 Jahren organisierte er seine erste Bürgerinitiative. Im Alter von 24 Jahren zog er ins irische Parlament ein. Mit 29 war er bereits Minister und wird nun mit 37 Jahren jüngster Regierungschef in der irischen Geschichte.
Ich verspreche, dass ich Tag und Nacht für die Menschen in diesem Land arbeiten werde.
Es sei die grösste Ehre seines Lebens, sagte Simon Harris, als ihn seine Partei, die bürgerliche Fine Gael, vor zwei Wochen zum Nachfolger von Leo Varadkar kürte. «Ich verspreche, dass ich Tag und Nacht für die Menschen in diesem Land arbeiten werde. Denn die Kernaufgabe der Politik ist, das Leben der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern.»
Opposition fordert Neuwahlen
Der Auftritt des zweifachen Familienvaters ist stets geschmeidig. Sein Werdegang ebenso. Aufgewachsen ist Harris in der irischen Provinz südlich von Dublin als Sohn eines Taxifahrers. Nach der Mittelschule hat er Journalismus und Französisch studiert. Sein Studium hat er jedoch abgebrochen, ging in die Politik und wurde stattdessen Bildungsminister. Harris gilt als umgänglich und kommunikativ.
Politisch habe er jedoch keine Stricke zerrissen, sagt der Abgeordnete Matt Carthy von der oppositionellen Sinn-Fein-Partei. Die Wahl von Harris sei für Irland «more of the same». «Wir fordern deshalb Neuwahlen. Ein neuer Premierminister darf nicht einfach von einer Regierungspartei gekürt werden. Diese Wahl muss das Volk treffen.»
Doch vorderhand hat noch die Regierungspartei das sagen. In der Rede nach seiner Kür zum Parteivorsitzenden kündigte Harris an, kleine Unternehmen, die Bauern, Arbeiter und die Leute in der Provinz zu unterstützen. Er sprach sich für die Europäische Union aus. Ebenso für ein faires Migrationssystem. Gemeinsam ist den Ankündigungen, dass er nirgends ins Detail geht. Doch das wird nötig sein. Irland hat in jüngster Zeit mit einigen Problemen zu kämpfen.
Keine rosigen Aussichten
Das Verhältnis zum Vereinigten Königreich ist seit dem Brexit eher zerrüttet. Das Land kämpft mit einer wachsenden Wohnungsnot. Im vergangenen Jahr kam es nach einem Messerangriff in Dublin zu gewalttätigen Ausschreitungen und Plünderungen. Harris verspricht Ruhe und Ordnung. Was er darunter versteht, lässt er offen. Doch wer Fragen habe, könne sich jederzeit via Facebook bei ihm melden.
Ob die kurzen Botschaften mit den schnellen Antworten die Irinnen und Iren wirklich überzeugen, erfahren wir in knapp einem Jahr, wenn Irland ein neues Parlament wählt. Die Ausgangslage ist nicht rosig für die Regierungspartei. Sie schwächelt in den Umfragen. Es könnte also gut sein, dass die Wählerschaft den neuen Premierminister in Rekordzeit wieder ausbremst.