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Potenzielle Hungerkatastrophe Es droht eine Hungersnot in Tschad

Tschad ist eines der ärmsten Länder der Welt. Trotzdem stellt das UNO-Hilfswerk die Unterstützung ein. Es fehlt am Geld.

Worum geht es? Das UNO-Welternährungsprogramm WFP muss seine Lebensmittelhilfe nach Tschad ab Januar einstellen. Davon sind 1.4 Millionen Menschen betroffen, wie das Hilfswerk schreibt. Darunter seien auch viele Menschen, die vor den neuerlichen Gewaltausbrüchen in Sudan nach Tschad geflüchtet sind.

Was sind die Auswirkungen? Die Situation in Tschad werde sich verschlimmern, sagt die freie Afrika-Journalistin Bettina Rühl. Bereits jetzt seien 100'000 Menschen auf die Hilfe der UNO angewiesen. Und: «Das Welternährungsprogramm hat schon im Moment nicht genug Geld, um alle zu versorgen.»

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Was sind die Gründe für die Krise? Rühl war kürzlich in der Region des Tschad-Sees unterwegs und hat festgestellt, dass es mehrere Krisen sind, von denen die Menschen gebeutelt werden. Erstens schlage die Klimakrise voll zu: «Das Wetter ist viel extremer geworden. Es ist viel heisser und viel trockener und wenn es regnet, regnet es extremer.» Zweitens: Die Terrororganisation Boko Haram bedroht die Menschen. Konkret heisst das: «Mitglieder von Boko Haram besetzen die fruchtbarsten Ackerböden, die besten Weideflächen und die attraktivsten Fischgründe und vertreiben die, die bisher davon gelebt haben.»

Wie gehen die Menschen, die selbst wenig haben, mit Flüchtlingen um? Es zeige sich eine grosse Solidarität, und das habe sie sehr beeindruckt, sagt Rühl: «Ich habe mit Menschen gesprochen, die Flüchtlingsfamilien aufgenommen haben. Das heisst: Die Vertriebenen durften auf ihren Grundstücken Hütten bauen und Land bestellen.» Oft kämen die Menschen aus der gleichen Volksgruppe oder aus Grossfamilien.

Warum flüchten die Menschen aus Sudan? Hilfsorganisationen nennen die aktuelle Situation in Sudan eine humanitäre Katastrophe. 24 Millionen Menschen brauchen Hilfe, 6 Millionen Menschen mussten aufgrund der Kämpfe in den vergangenen Monaten ihre Häuser verlassen: Vor allem in Darfur scheint die Gewalt zu eskalieren, dort kommt es Berichten zufolge zu ethnischen Säuberungen.

Wie viel Geld würde das Welternährungsprogramm für Tschad brauchen? «Um eine kontinuierliche Unterstützung die nächsten sechs Monate zu gewährleisten, bräuchte das Welternährungsprogramm notfallmässig 185 Millionen Dollar», schreibt das WFP.

Was sagen Experten vor Ort? Die Ärzte ohne Grenzen schätzen, dass Tausende Kinder von sudanesischen Geflüchteten in Tschad an schwerer akuter Unterernährung leiden. Die NGO sorgt seit Anfang Jahr für 14'000 Kinder, von denen 3000 hospitalisiert werden mussten.

Was macht die Militärregierung in Tschad gegen den drohenden Hunger? Diese Regierung von Tschad steht schon seit einigen Jahren im Krieg gegen Aufständische im Norden von Tschad. «Unter diesen Umständen würde wohl auch eine zivile Regierung in erster Linie Waffen zum Machterhalt wichtiger finden und soziale Fragen zurückstellen», mutmasst die Journalistin. «Dazu kommt auch der Kampf gegen Boko Haram und andere Terrororganisationen.»

Hat das WPF sonst genug Geld? Im Dezember muss das Welternährungsprogramm bereits die Unterstützung für Flüchtlinge in Nigeria, in Zentralafrika und in Kamerun beenden.

SRF 4 News, 27.11.2023, 06:22 Uhr ; 

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