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Präsidentschaftswahl Frankreich: Ein flauer Wahlkampf, der wenig inspirierte

Das war’s dann wohl: Ab Freitag um Mitternacht ist der Wahlkampf für die erste Runde der Präsidentenwahl in Frankreich offiziell abgeschlossen. Bis Sonntagabend 20 Uhr herrscht gesetzlich verordnete Ruhe: Nun sollen die Wählerinnen und Wähler ihre Entscheidung treffen, ohne weitere Beeinflussung.

Ein Grossteil der Wählerinnen und Wähler scheint nach wie vor unentschlossen, wen sie wirklich wählen sollen. Die Kandidatin oder den Kandidaten, die ihnen politisch am nächsten stehen. Oder jene, denen sie am ehesten den Einzug in die Stichwahl vom 24. April zutrauen. Denn der erste Wahlgang ist bloss die Vorselektion.

Lustloser Wahlkampf

Die Ratlosigkeit der Wählerinnen und Wähler spiegelt den Wahlkampf. Eine öffentliche Debatte über die Zukunft Frankreichs gab es bisher kaum.

Präsident Macron ist spätestens seit Beginn des Krieges in der Ukraine vor allem in diplomatischer Mission unterwegs, weil Frankreich derzeit den Vorsitz in der EU führt. Da blieb dem Präsidentschafts-Kandidaten wenig Zeit für Wahlkampf. Seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit hat Emmanuel Macron in einem offenen Brief an die Französinnen und Franzosen angekündigt. Debatten mit den elf anderen Bewerberinnen und Bewerbern hat er abgelehnt und nur eine einzige grosse Wahlkampfveranstaltung durchgeführt.

Macron will seine bisherige Politik weiterführen. Dies elektrisiert die Wählerinnen und Wähler weniger als seine Versprechen vor fünf Jahren, alles zu ändern. Den Wandel verspricht nun die politische Konkurrenz von links und rechts. Sie weiss, dass die Französinnen und Franzosen mit ihren Regierungen grundsätzlich unzufrieden sind.

Le Pen profitiert von rechtsextremer Konkurrenz

Meinungsumfragen sind ein fixes Element bei französischen Wahlkampagnen. Sie bilden im Wochentakt die politische Stimmung in der Bevölkerung ab. Und diese neigt sich offenbar Richtung Rechtsaussen.

Politischer Senkrechtstarter war im Herbst der Journalist Éric Zemmour. Bekannt vor allem als polemischer Kommentator im privaten Fernsehen und als Buchautor, schien Zemmour schon vor dem offiziellen Start seiner Kampagne ins Elysée zu stürmen. Manche Umfragen sahen ihn bereits im 2. Wahlgang.

Marine Le Pen dagegen hat ihre Rhetorik entschärft und sieht gegen den rechtsextremen Provokateur Zemmour schon fast altbacken und brav aus. Politisch nützt ihr dies. Zemmour hat die «Entdiabolisierung» des Rassemblement Nationale beschleunigt, mit der Le Pen ihre Partei vom rechtsextremen Stallgeruch befreien will. Viele Wählerinnen und Wähler halten Marine Le Pen heute für eine nationalkonservative Politikerin, auch wenn sie ihr Programm inhaltlich kaum verändert hat.

Im Wahlkampf hat Marine Le Pen vor allem aufgegriffen, dass die Kaufkraft durch die hohe Inflation rasant abnimmt. Dies ist das Thema, das die Wählerinnen und Wähler derzeit am stärksten ängstigt.

Duell Macron – Le Pen mit offenem Ausgang

Der Wahlkampf ist offiziell zu Ende. Die politische Debatte hat die Wählerinnen und Wähler kaum inspiriert. Als Folge könnte die Stimmenthaltung gegen die 30 Prozent-Marke steigen, ein neuer Rekord für eine Präsidentschaftswahl in Frankreich.

Dies löst bei allen Parteien Angst aus, denn eine tiefe Stimmbeteiligung macht das Resultat schwer berechenbar. Meinungsumfragen gehen davon aus, dass Amtsinhaber Macron den ersten Wahlgang für sich entscheidet und dann in der Stichwahl Marine Le Pen gegenübersteht. Bei einer tiefen Stimmbeteiligung könnte es auch anders kommen.

Daniel Voll

Frankreich- und Maghreb-Korrespondent

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Daniel Voll ist seit 2018 Frankreich-Korrespondent von Radio SRF mit Sitz in Paris. Der Maghreb gehört ebenfalls zu seinem Berichtsgebiet. Zuvor war er unter anderem als EU-Korrespondent in Brüssel und als Auslandredaktor für SRF tätig.

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