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Präsidentschaftswahlen in Iran «Als klarer Favorit gilt Ebrahim Raisi»

Iran wählt am 18. Juni den Nachfolger von Präsident Hassan Rohani. Dieser galt als moderat im Vergleich zu seinem Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad. Deshalb war man gespannt auf die Liste der Kandidaten, die vom Wächterrat zur Wahl zugelassen werden. Sieben Namen stehen drauf. Reformorientierte Kandidaten fehlen weitgehend. Womit feststeht, dass mit grosser Wahrscheinlichkeit die Hardliner die Macht wieder voll und ganz übernehmen werden. Davon geht ARD-Journalistin Katharina Willinger aus.

Katharina Willinger

ARD-Korrespondentin in Istanbul

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Katharina Willinger berichtet für die ARD seit 2017 über die Türkei und die Insel Zypern und seit 2020 auch über den Iran. Anfang dieses Jahres hat sie Leitung des ARD-Studios Istanbul übernommen und leitet auch das Studio-Büro in Teheran.

SRF News: Wen sehen Sie als Favoriten auf der Liste der zugelassenen Kandidaten?

Katharina Willinger: Als klarer Favorit gilt Ebrahim Raisi, der aktuelle Justizchef. Er wird dem ultrakonservativen Lager zugerechnet. Raisi ist besonders umstritten, denn er soll ein Mitverantwortlicher gewesen sein für die Massenhinrichtungen von politischen Gefangenen in den 80er Jahren.

Viele scheinen sich damit abgefunden zu haben, dass Raisi nicht zu verhindern ist.

Dass ausgerechnet er gewählt werden soll, hat vor allem mit der Wahlbeteiligung zu tun. Man geht davon aus, dass diese sehr niedrig ausfallen wird, weil viele Menschen die Hoffnung in die Politik verloren haben.

Das könnte Raisi zugutekommen. 2017 ist er schon einmal angetreten. Damals haben viele Iraner Rohani gewählt – nicht weil sie den besonders toll fanden, sondern bloss, um Raisi zu verhindern. Jetzt scheinen sich aber viele damit abgefunden zu haben, dass er nicht zu verhindern ist.

Wie könnte sich Iran unter Raisi verändern?

Das ist nicht leicht vorherzusagen. Da ist einerseits die Befürchtung vieler, dass die ohnehin kaum vorhandenen Freiheiten noch weiter eingeschränkt werden. Und dann ist noch die Wirtschaft zu beachten. Es gibt Opportunisten, die sagen: Das Parlament ist in der Hand der Hardliner, und vielleicht wird künftig effektiver regiert, wenn auch der Präsident voll mit dem Parlament übereinstimmt und die internen Machtkämpfe wegfallen.

Raisi
Legende: Raisi ist wegen seiner Beteiligung an Massenhinrichtungen umstritten. Dennoch könnte er gewinnen. Keystone

Aber Iran braucht Beziehungen mit dem Ausland, mit dem Westen. Wie wird Raisi, der für eine eher antiwestliche Rhetorik bekannt ist, mit europäischen oder gar US-Vertretern umgehen? Das ist die grosse Frage, die sich viele im Land stellen.

Neben sechs konservativen Namen steht noch der eines Reformers auf der Liste. Ist er das sprichwörtliche Feigenblatt oder hat er Chancen?

Es scheint tatsächlich so, dass er als Feigenblatt ausgewählt wurde, denn er hat kein grosses politisches Profil. Er war einmal Gouverneur. Er ist also niemand, für den Massen von Iranern zur Urne gehen würden. Ihn hat der Wächterrat zugelassen, nicht jedoch Namen wie Ali Laridschani.

Für viele Iraner kommen diese Wahlen ohnehin einem Spiel gleich, bei dem für so viele Menschen der Sieger bereits feststeht.

Das ist ein moderat Konservativer, der den Revolutionsführer berät. Auch den aktuellen Vizepräsidenten liess er nicht zu, weil er die Qualifikation fürs Präsidentenamt nicht erfülle, was natürlich einigermassen unverständlich ist. Das wären beides Figuren gewesen, die vielleicht eine Art Konkurrenz hätten sein können. Aber eben, für viele Iraner kommen diese Wahlen ohnehin einem Spiel gleich, bei dem für so viele Menschen der Sieger bereits feststeht.

Könnte es auch sein, dass es heftige Proteste gibt?

Proteste aufgrund der Entscheidung des Wächterrats erwarte ich nicht. Ich nehme eher noch grössere Hoffnungslosigkeit unter vielen Menschen wahr, weil sie nicht wissen, wie es für ihr Land, für den Iran, weitergehen soll.

Das Gespräch führte Roger Brändlin.

Echo der Zeit, 25.05.2021, 18:00 Uhr ; 

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