Darum geht es: Weltweit sind mehr als 17 Prozent der erwachsenen Menschen unfruchtbar. Jeder sechste Mensch kann also keine Kinder zeugen oder bekommen. Zu diesem Befund kommt ein Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO. Dabei gebe es praktisch keine Unterschiede zwischen reichen und armen Ländern. In der Schweiz stellt Brigitte Leeners, Direktorin der Klinik für Reproduktions-Endokrinologie am Universitätsspital Zürich, fest, dass 10 bis 15 Prozent der Erwachsenen unfruchtbar sind .
So äusserst sich Unfruchtbarkeit: Bei den Männern hat Unfruchtbarkeit mit einer verminderten Qualität der Spermien zu tun, während bei den Frauen verschiedene Gründe vorliegen können: Die Medizinerin Leeners erwähnt Erkrankungen wie die Endometriose , das polyzystische Ovar-Syndrom oder eine verminderte Durchgängigkeit der Eileiter. «Wenn Spermien und Eizelle keine Chance haben, aufeinanderzutreffen, resultiert daraus Infertilität», so Leeners.
Auch Lifestyle-Faktoren wie Rauchen spielen eine gewisse Rolle.
Das sind die Gründe: Seit Jahren stellen verschiedenste Studien weltweit fest, dass die Spermienqualität bei Männern stetig abnimmt – doch was genau dafür verantwortlich ist, ist nach wie vor nicht geklärt. «Sicher spielen Lifestyle-Faktoren eine gewisse Rolle», sagt Reproduktionsmedizinerin Leeners. So wirkten sich Rauchen oder die Einnahme gewisser Medikamente ungünstig auf die Spermienqualität aus. Viel wichtiger sei wohl aber der negative Einfluss sogenannter Umweltöstrogene: In Weichmachern, Haarpflegemitteln oder Dünger gebe es Moleküle, die an Hormonrezeptoren in den Zellen andocken und so womöglich die Fruchtbarkeit stören.
Das kann man tun: Für die von Infertilität betroffenen Menschen bleibt nur die Inanspruchnahme der Fruchtbarkeitsmedizin. Dazu gibt es in der Schweiz inzwischen mehr als 30 spezialisierte, medizinische Zentren. Manche Behandlungen, wie etwa eine medikamentöse Unterstützung der Eizellreifung oder Inseminationen, werden auch von den Krankenkassen unterstützt. «Doch wenn es in den Bereich der künstlichen Befruchtung geht, muss das selber finanziert werden», so Leeners. Und diese teuren Behandlungen könnten sich nicht alle Paare mit Kinderwunsch leisten.
Das wäre nötig: Laut der WHO ist Infertilität eine Krankheit, «deshalb sollte sie gleich behandelt werden, wie alle anderen Erkrankungen auch», sagt Leeners. Heisst: Die Allgemeinheit, also die Krankenkassen, sollten für die Kosten der Behandlungen aufkommen. Schliesslich sei eine Geburtenrate von rund 2.1 pro Paar nötig, um die Bevölkerungsentwicklung – ohne Zuwanderung – konstant zu halten. Derzeit liegt diese Geburtenrate in der Schweiz aber bloss bei rund 1.5. Weil daran mittelfristig auch volkswirtschaftliche Faktoren wie etwa die Rentenfinanzierung hängen, sollte jenen Paaren, die sich Kinder wünschen, erleichtert werden, diesen Wunsch wahrzumachen, so Leeners.