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«Boeing ist für die USA too big to fail»
Aus SRF 4 News vom 10.04.2024. Bild: KEYSTONE/DPA/Arne Dedert
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Probleme beim US-Flugzeugbauer Deshalb steckt Boeing in der grössten Krise der Firmengeschichte

Immer wieder Boeing. Die Negativschlagzeilen um den US-Flugzeugbauer reissen nicht ab. Nun wurde bekannt, dass die US-Luftfahrtbehörde FAA gegen Boeing ermittelt. Ein Whistleblower hat sich gemeldet und Anschuldigungen erhoben. Boeing spare bei der Sicherheit. Teile beim 787 Dreamliner seien so verbaut worden, dass sie durch Abnutzung auseinanderbrechen könnten. Der SRF-Aviatikexperte Michael Weinmann über die Hintergründe.

Michael Weinmann

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Michael Weinmann ist seit 2009 für SRF tätig («Schweiz aktuell», SRF Sport). Er ist Aviatik- und Raumfahrtexperte und verfügt über eine Privatpilotenlizenz.

Kommt die Eskalation im Fall Boeing überraschend?

Bei all dem, was in den letzten Jahren vorgefallen ist, war es eigentlich eine Frage der Zeit, dass auch Whistleblower sich an die Behörden wenden würden. Boeing ist ein riesiger Konzern mit über 170'000 Angestellten. Davon gibt es viele, die zum Beispiel intern schon ihre Bedenken geäussert haben – wie in anderen Firmen auch. Wenn dann solche sehr publikumswirksamen und sicherheitsrelevanten Vorfälle geschehen, ist es völlig nachvollziehbar, dass diese Personen sich nun melden.

Wie ist die Anschuldigung des Whistleblowers einzuordnen?

Hier geht es um Probleme beim Bau des Dreamliners, der 787. Das ist ein Langstreckenflugzeug. Das ist nicht die 737 Max, bei der es den Vorfall mit der abgerissenen Tür gab. Aber die Tatsache, dass es nachweislich bei Boeing Probleme in der Sicherheitskultur und bei den Prozessabläufen gibt, deutet darauf hin, dass diese Aussagen des Whistleblowers nicht an den Haaren herbeigezogen sind.

Weshalb läuft bei Boeing im Moment vieles falsch?

Es ist ein Kulturproblem, das hat auch die Voruntersuchung der FAA gezeigt. Da gibt es Angestellte, die sich offenbar nicht trauen, Fehler zu melden. In einem sicherheitsrelevanten Bereich ist das verheerend. Dies ist wahrscheinlich konzernübergreifend ein Problem. Und das andere ist die Befriedigung der Aktionärinnen und Aktionäre über die Dividende, die in den letzten Jahren sehr stark im Vordergrund stand. Aufgrund des Kostendruckes hat man zum Beispiel viele Produktionsabläufe an externe Firmen ausgelagert, was jetzt auch wieder nachweislich zu Problemen geführt hat.

Eine politische Angelegenheit

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Der Fall Boeing kann man mit dem Fall der jetzt noch grösseren UBS in der Schweiz vergleichen. Sie sind «too big to fail».

Boeing ist eine Firma, die nicht nur Verkehrsflugzeuge herstellt, sondern auch militärische Flugzeuge für die US Air Force, die US Navy oder die Marines. Boeing stellt auch die Raumkapseln her, die Astronauten bald schon auf den Mond bringen sollen.

Käme Boeing zu Fall, würden ganz viele riesige und teils sicherheitsrelevante Projekte einfach brachliegen. Das kann und will sich die USA nicht leisten. Insofern ist es auch im Interesse der Politik, dass Boeing einen Betrieb hat, der funktioniert und der weiter mit dem grossen Gegner Airbus mithalten kann.

Wie weit hinkt Boeing dem Konkurrenten Airbus hinterher?

Die Quartalszahlen beider Firmen zeigen, dass Airbus etwa doppelt so viele Flugzeuge in den ersten drei Monaten des Jahres ausgeliefert hat wie Boeing. Da wird also auch viel mehr Umsatz generiert. Natürlich heisst das nicht, dass Boeing grundsätzlich weniger Flugzeuge verkauft. Denn die Bestellbücher sind trotzdem voll, die Flieger werden jetzt einfach später ausgeliefert. Langfristig kann das aber grosse Auswirkungen haben. Und trotzdem: Am Ende regiert auch bei den Airlines das Geld. Wenn Boeing ein attraktives Angebot für seine Flugzeuge macht, dann können die Airlines dies abstrahieren.

Wie gross sind die Probleme bei Boeing insgesamt?

Sie sind gross. Es ist die grösste Krise in der Firmengeschichte, zumindest in der Herstellung von Verkehrsflugzeugen. Dies prägt das Unternehmen. Der Verantwortliche dieser Sparte ist im März per sofort zurückgetreten. Der CEO und der Ver­wal­tungs­rats­vorsitz­ende haben ihren Rücktritt auf Ende Jahr angekündigt. Da gibt es also einen Umbruch in der Führung. Nun muss ein neuer Chef kommen und das Unternehmen erneut umzukrempeln und modernisieren. Das wird keine einfache Aufgabe. Die Krise ist gross, die Herausforderung enorm. Das dürfte sich in den nächsten Wochen und Monaten nicht verändern. Die Lösung dieses Problems wird wohl eher Jahre dauern.

SRF 4 News, 10.04.2024, 16:25 Uhr;

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