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«Wir sind nicht zum Vergnügen hier»
Aus Rendez-vous vom 23.01.2019. Bild: Keystone
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Protest gegen Macrons Politik «Bis zum 20. des Monates geht es einigermassen gut»

Christophe Courant ist ein Facharbeiter und «Gilet Jaune» der ersten Stunde. Von seinem Einkommen könne er nicht leben, sagt er.

Christophe Courant lebt in Issoudin, einer Gemeinde mit 12'000 Einwohnern im Departement Indre, im Zentrum Frankreichs. Er ist ein «Gilet Jaune» der ersten Stunde. Seit Mitte November zieht der Facharbeiter jeden Samstag die gelbe Rettungsweste an, signalisiert so den Unmut über die wirtschaftliche Misere.

«Ich habe die Nase voll», sagt er. Das Leben werde immer teurer, das Geld immer knapper. Am Monatsende blieben ihm vielleicht 60 Euro übrig – wenn er sparsam sei. Sein Monatslohn ist mit knapp 1700 Euro brutto rund 200 Euro höher als der Mindestlohn, von dem in Frankreich 12 Prozent der Beschäftigten leben. Nach Abzug der Sozialleistungen bleiben ihm rund 1350 Euro netto.

Mitfahrmöglichkeiten um Benzin zu sparen

Er rechnet vor: Pro Jahr bezahlt er 2000 Euro Einkommensteuer, für das Haus will die Bank 420 Euro pro Monat für Zins und Amortisation, der Staat zieht Liegenschaftssteuern ein – 750 Euro pro Jahr. Dazu kommen Fixkosten für Wasser, Strom, Kanalisation, Versicherungen, das Benzin für den Arbeitsweg – das sind nochmals über 300 Euro. Zum Leben blieben so rund 500 Euro.

Heute kann ich bloss überleben, nicht leben.
Autor: Christophe Courant Facharbeiter

Bis zum 20. des Monates gehe es einigermassen gut, aber dann werde es richtig knapp. Deshalb spare er, wo es gehe. Er sucht Mitfahrmöglichkeiten für den Arbeitsweg, isst bei Nachbarn, wenn dies möglich ist. Damit er anständig leben könne, müsste er etwa 200 Euro pro Monat mehr verdienen, sagt er.

Und auch das wäre nicht luxuriös, denn heute könne er bloss überleben, nicht leben. Das 10-Milliarden-Euro-Paket zur Verbesserung der Kaufkraft, das Präsident Emmanuel Macron im Dezember angekündigt hat, bringt Christophe Courant wenig, da sein Lohn 200 Euro über dem Mindestlohn liegt.

Von Macrons Solidaritätsbeitrag verschont

Eine grosse Gruppe bei den «Gilets Jaunes» sind Rentnerinnen und Rentner. Auf die Strasse getrieben hat sie der Solidaritätsbeitrag für die Sozialversicherung, den Macron auf Anfang 2018 eingeführt hatte. Dieser habe sie empfindlich getroffen, sagen Gilles und Sylvie Penault: «Das kostet uns 750 Euro pro Jahr.»

Das Geld müssten sie nun anderswo einsparen. «Spenden an gemeinnützige Organisationen können wir uns nicht mehr leisten. Lotto spielen auch nicht mehr. Auch das Budget für Ferien und Kleider und viele andere kleine Dinge haben wir gekürzt.» Zwar muss das Paar diesen Solidaritätsbeitrag seit Anfang Jahr nicht mehr bezahlen, weil Macron ihn für Renten unter 2000 Euro wieder gestrichen hat. Doch es protestiert weiter.

Wir hatten eine anständige Rente. Aber durch die Teuerung verliert sie an Wert.
Autor: Christian Sandrine pensionierter Krankenpfleger

Genauso wie ihr Freund und ehemaliger Arbeitskollege Christian Sandrine: «Wir hatten als ehemalige Pfleger eine anständige Rente. Aber durch die Teuerung verliert sie an Wert. Manche der Leute hier haben nicht einmal eine Rente.» Er schüttelt den Kopf: All dies stecke hinter diesem Protest der «Gilets Jaunes» – die Leute in den gelben Westen seien nicht zu ihrem Vergnügen hier, sagt er.

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