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Prozess in London Julian Assange will Auslieferung an USA mit Berufung verhindern

  • Wikileaks-Gründer Julian Assange hofft auf eine letzte Chance. Bei einer Anhörung vor Gericht in London an diesem Dienstag und Mittwoch will er sich gegen seine Auslieferung in die USA wehren.
  • Sollte seinem Antrag auf Berufung am High Court nicht stattgegeben werden, wäre der Rechtsweg in Grossbritannien ausgeschöpft.
  • Das US-Justizministerium will dem Australier in den USA wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Wann genau eine Entscheidung über den Berufungsantrag fallen soll, stand bis zuletzt nicht fest.

Bei einer Verurteilung in den Vereinigten Staaten drohen Assange bis zu 175 Jahre Haft. Für Assange bliebe im Fall einer Ablehnung seines Berufungsantrags in London nur noch der Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Mann mit weissem Haar und erhobener Faust
Legende: Julian Assange 2017 vor der ecuadorianischen Botschaft in London. AP Photo/Frank Augstein

Dort werde sein Team umgehend einen Antrag auf einstweilige Verfügung stellen, um eine sofortige Auslieferung zu verhindern, kündigte Assanges Frau Stella an. Es gebe jedoch die Sorge, dass die britische Regierung eine solche Anordnung ignorieren könnte. Sie fürchtet wegen der erwarteten harschen Haftbedingungen in den USA und der labilen Psyche ihres Mannes um sein Leben.

Wird an Assange ein Exempel statuiert?

Washington wirft Assange vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Assanges Anwälte argumentieren, dass niemand dadurch zu Schaden gekommen sei. Assanges Handlungen hätten schwerwiegende kriminelle Handlungen der US-Behörden aufgedeckt und im Falle einer Auslieferung drohe ihm eine «eklatante Rechtsverweigerung», so seine Anwälte.

Unterstützer sehen in Assange einen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte und an dem nun ein Exempel statuiert werden solle. Die Strafverfolgung gegen ihn halten sie für einen Angriff auf die Pressefreiheit, weil Assange die ihm zugespielten Informationen lediglich veröffentlichte.

Demonstrationen vor dem Gerichtsgebäude

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Unterstützer von Assange haben vor dem Gericht in London für die Freilassung des Wikileaks-Gründers demonstriert. Sie schwenkten Plakate mit der Aufschrift «Freiheit für Julian Assange» und riefen in Sprechchören «Es gibt nur eine Entscheidung: keine Abschiebung!», wie die britische Nachrichtenagentur PA meldete. Hunderte goldene Bänder mit der Aufschrift «Lasst Julian Assange jetzt frei!» waren am Zaun vor dem High Court und umliegenden Toren und Bäumen befestigt.

Assange selbst war nicht im Gerichtssaal anwesend. Sein Anwalt sagte, der 52-jährige Australier fühle sich unwohl, machte aber keine näheren Angaben zu seinem Gesundheitszustand.

Appelle zur Freilassung auch aus Deutschland

Für eine Freilassung des 52-Jährigen setzen sich weltweit Menschenrechtsorganisationen und Journalistenverbände ein. Beispielsweise die Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union, Tina Groll, forderte kurz vor Beginn der Anhörung in London ein Ende der Strafverfolgung.

Die britische Justiz könne mit einer Absage an das Auslieferungsersuchen der USA ein «unmissverständliches Signal für demokratische Grundwerte» setzen, so Groll. «Wikileaks hat massgeblichen Anteil daran, dass die Weltöffentlichkeit die schmutzige Seite der US-Kriegseinsätze erfuhr», betonte auch der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Mika Beuster. «Dafür verdient Julian Assange Auszeichnungen und nicht Haft.»

Seit 2019 im Hochsicherheitsgefängnis

Der Australier sitzt seit seiner Festnahme im April 2019 im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Zuvor hatte er sich mehrere Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in der britischen Hauptstadt dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen. Diese hatten ihn zunächst wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden ins Visier genommen. Diese Vorwürfe wurden später jedoch aus Mangel an Beweisen fallen gelassen.

Tagesschau, 20.02.2024, 12:45 Uhr ; 

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