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Queerfeindlichkeit Was Russlands Gesetz gegen LGBTQ+ für die Community bedeutet

Die queerfeindliche Politik des Kremls erreicht einen neuen Höhepunkt. Gestern hat der Oberste Gerichtshof in Russland die internationale LGBTIQ+-Community als extremistisch eingestuft. Queere Menschen fürchten, dass ihre Rechte weiter eingeschränkt werden.

Wie ist das Gesetz zustande gekommen? Das russische Justizministerium hatte beim Obersten Gericht Klage eingereicht. Laut dem Ministerium habe es Anzeichen dafür gegeben, dass diese Bewegung extremistisch sei. Die Sitzung wurde hinter verschlossenen Türen abgehalten. Es gab keine Angeklagten und keine Rechtsanwälte im Gerichtssaal.

Richter Oleg Nefedov gab die Entscheidung bekannt.
Legende: Die Klage richtete sich gegen die LGBTQI+-Bewegung – eine gesellschaftliche Gruppe, die über eine sexuelle Orientierung definiert wird. Richter Oleg Nefedov gab die Entscheidung bekannt. EPA/Yuri Kochetkov

Gegen wen richtet sich das Gesetz genau? Das ist unklar. Denn die internationale LGBTQ+-Bewegung ist keine Organisation oder Rechtspersönlichkeit. Es ist eine weit gefasste und vage Definition. Das kritisieren Menschenrechtler: Die vage Definition ermöglicht es den russischen Behörden, gegen alle Personen oder Gruppen vorzugehen, die sich als Teil dieser Bewegung sehen oder als solcher angesehen werden. «Das Urteil stiftet Verunsicherung. Und das ist wohl die Intention», sagt ARD-Korrespondent Stephan Laack.

Einschnitte für die LGBTQ+-Bewegung in den letzten Jahren

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Was gab der Richter bekannt? Laut Richter Oleg Nefedov sind Aktivitäten der LGBTQ+-Bewegung ab sofort verboten. Sie gelten als extremistisch. Das russische Innenministerium hatte zuvor vermeldet, dass die Bewegung zu sozialer und religiöser Zwietracht aufrufe. Es sei wichtig, die Bewegung als extremistisch einzustufen, um dem Verbot von «homosexueller Propaganda» zu folgen, verlautete das Gericht.

Wie reagieren Beobachter? Juristen und Beobachterinnen betrachten das Vorhaben als verfassungswidrig. «Es ist der Versuch, eine Diskriminierung, Diffamierung und Ausgrenzung eines Teils der Gesellschaft staatlich zu legitimieren», sagt Stephan Laack. Er ist im Moment in Moskau.

Menschen halten eine Regenbogenflagge in Russland in die Höhe.
Legende: Die englische Abkürzung LGBTQI+ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans, queere sowie intergeschlechtliche Menschen. Das Pluszeichen ist Platzhalter für weitere Identitäten und Geschlechter. Keystone/AP/Dmitry Lovetsky (01.05.2013)

Was droht den betroffenen Menschen? Laut dem Urteil wird das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Privatsphäre nicht berührt. Es werde also keine negativen rechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen. Doch wie hoch die Messlatte angelegt werde, sei offen, sagt der ARD-Russlandkorrespondent. Bleibt es bei dem Verbot von LGBTQ+-nahen Organisationen? Oder wird es schon als extremistisch angesehen, wenn man zum Beispiel die Regenbogenfarben trägt oder wenn sich ein homosexuelles Paar in der Öffentlichkeit küsst? «Viele gehen davon aus, dass offen queeres Leben strafrechtlich verfolgt werden kann.» Und das besorgt viele queere Menschen in Russland. Viele aus der LGBTQ+-Bewegung wollten das Land nun verlassen.

SRF 4 News, 08:20 Uhr ; 

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