Diese Woche wurden in Russland zwei bekannte Oppositionspolitiker festgenommen. Der eine ist Dimitri Gudkow, ein ehemaliger Parlamentsabgeordneter, der ins Oppositionslager gewechselt ist. Es ist bekannt als gemässigter Politiker, der stets den Ausgleich sucht – auch mit der Staatsmacht. Er ist inzwischen wieder auf freiem Fuss.
Weiter in Haft ist Andrej Piwowarow, ein sehr umtriebiger Aktivist, der zuletzt für eine Organisation des geflüchteten Oligarchen Michail Chodorkowksi gearbeitet hatte.
Kandidaturen mit Verfahren verhindern
Offiziell würden die Festnahmen mit Straftaten begründet, doch das wirke vorgeschoben, sagt Russland-Korrespondent David Nauer. Beobachter und Analysten, aber auch Verbündete der beiden Politiker gingen davon aus, dass die beiden charismatischen und durchaus chancenreichen Politiker von einer Kandidatur bei der Parlamentswahl vom September abgehalten werden sollen. Nach den Verfahren wird es für sie sehr schwierig, anzutreten.
Die Festnahmen hätten für ziemliches Aufsehen gesorgt, selbst bei den repressionsgewohnten Russinnen und Russen, so Nauer: «Einige Stimmen aus dem liberalen Lager in Moskau zeigen sich schockiert über das harte Vorgehen ausgerechnet gegen den gemässigten Politiker Gudkow.»
«Kandidieren ist gefährlich»
Bei Piwowarow sorgte laut Nauer die Art und Weise der Festnahme für Erschütterung bei vielen oppositionell eingestellten Russinnen und Russen: Er wurde aus einem startbereiten Passagierflugzeug geholt, mit dem er nach Polen fliegen wollte.
Dass die Wahlen in Russland unfair sind und Kandidatinnen und Kandidaten mit irgendwelchen vorgeschobenen Gründen behindert werden, wusste man schon lange. Festnahmen bereits Monate vor dem Wahltermin seien aber eine neue Stufe der Repression, so Nauer: «Der Kreml will hier ein starkes Signal aussenden: Kandidieren ist gefährlich.»
Festnahmen bereits Monate vor dem Wahltermin sind eine neue Stufe der Repression.
Machtapparat intakt – aber ohne Glanz
Andere Stimmen in Moskau bringen die Festnahmen auch mit der steigenden Nervosität im Kreml in Verbindung, wie Nauer sagt: Sie begründeten dies mit der sinkenden Popularität von Putin, der anhaltenden Wirtschaftskrise und der seit Jahren ärmer werdenden Bevölkerung. Deshalb werde nun selbst die kleinste Gefahr für die kommenden Duma-Wahlen ausgeschaltet.
Es sei zu befürchten, dass es bis nach den Parlamentswahlen im gleichen Stil weitergehe und der Druck auf die Opposition anhalte, schätzt Nauer. Das repressive System in Russland sei zudem nicht vorhersehbar. So sei nicht ausgeschlossen, dass der gestern freigelassene Gudkow nicht doch wieder unter einem neuen Vorwand festgenommen werde.