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Rettungsaktion in Höhle «Wir trainieren solche Situationen bis zu zweimal jährlich»

In den frühen Morgenstunden haben die Helfer vor Ort die Rettungsaktion wieder aufgenommen. Sie versuchen, die acht verbliebenen Jungen und ihren Trainer aus der Tham Luang-Höhle zu befreien. Seit über zwei Wochen sitzt die Gruppe dort fest. Gestern konnten die ersten vier Buben in Sicherheit gebracht werden – durch die Höhle, die zu grossen Teilen unter Wasser steht. Für die Taucher ein Einsatz am Limit, weiss Peter Balordi.

Peter Balordi

Rettungstaucher

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Der Aargauer Peter Balordi ist Einsatzleiter bei der schweizerischen Organisation für Höhlenrettung.

SRF News: Was macht den Einsatz in Thailand so schwierig?

Peter Balordi: Die grösste Gefahr geht von Monsunregen und dem steigenden Wasser aus, das die Höhle teilweise überflutet hat.

Werden Rettungstaucher auf solche Einsätze speziell vorbereitet?

Es gibt in Europa immer wieder Höhlenrettungen. Und in diesen Höhlenrettungen trainieren wir solche Situationen auch. Hier in der Schweiz, in der Speleo-Secours Suisse (Schweizerische Organisation für Höhlenrettungen), üben wir jedes Jahr ein- bis zweimal solche Verhältnisse.

Die Taucher setzen bei diesem Einsatz in Thailand ihr eigenes Leben aufs Spiel. Einer von ihnen ist bereits ums Leben gekommen. Wie stark belastet das die anderen Taucher, die im Einsatz sind?

Das wird auf die Stimmung drücken. Aber die Leute sind hochmotiviert in einer solchen Aktion, und man hat ein klares Ziel, auf das man fokussiert ist. In diesem Moment verdrängt man das. Der treibende Faktor ist, diese Jungen gesund aus der Höhle zu holen.

Gibt es einen Punkt, wo man als Einsatzleiter sagen muss: Jetzt wird es für die Rettungskräfte zu gefährlich, selbst wenn dadurch die Eingeschlossenen sterben sollten?

Das ist ein ganz schwieriger Job. Die Einsatzleiter werden stündlich eine Risikobeurteilung machen und alle möglichen Informationen holen, was Wetter und Wasserpegel anbelangt.

Es ist klar, dass beim Einsatz kein Leben eines Retters gefährdet wird.

Dann kann der Moment kommen – das haben wir selbst auch schon erlebt –, an dem die Einsatzleitung entscheidet: Stopp. Jetzt sicher einfach mal warten, bis sich die Situation wieder beruhigt. Es ist ganz klar, dass beim Einsatz kein Leben eines Retters gefährdet wird.

Es heisst, die Jugendlichen seien für die Rettung betäubt worden. Macht das die Angelegenheit nicht noch schwieriger?

Das habe ich auch infrage gestellt. Ich weiss, dass die involvierten Rettungskräfte keine Statements abgeben dürfen, sondern dass das immer über die offiziellen Kanäle gehen muss. Ich kann mir vorstellen, dass diesen Jungs ein Beruhigungsmittel gegeben worden ist.

Die Jungen müssen hundertprozentig bei der Sache sein.

Aber ich glaube nicht, dass man sie anästhesiert hat. Sie müssen hundertprozentig bei der Sache sein. Sie müssen mithelfen. Sie müssen gegen diese Strömung bei relativ schlechter Sicht mitkämpfen. Ich würde diese Information mit Vorsicht geniessen.

Was war das Ziel der Medikamentengabe?

Ich denke, dass man etwas verabreicht hat, damit sie ein bisschen entspannter sind. Es ist doch sicher ein grosser Druck. Ich glaube aber auch, dass diese Jungs jetzt den Wunsch haben, wieder ans Sonnenlicht zu gehen. Das ist ein unheimlich starker Motivator.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

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