Zum Inhalt springen

Header

Audio
Brexit: Boris Johnson hat sich verschätzt
Aus HeuteMorgen vom 04.09.2019. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 50 Sekunden.
Inhalt

Revolte im Unterhaus Boris Johnson – der neue Westentaschen-Churchill

Das Unterhaus hat kurzfristig die Kontrolle über seine eigenen Geschäfte übernommen und die Regierung entmachtet. 21 konservative Abgeordnete, darunter prominente Veteranen, gesellten sich am Dienstagabend zur vereinigten Opposition.

Heute Abend will diese «Rebellen-Allianz» ein Gesetz verabschieden, das eine Verschiebung des Austrittstermins auf den 31. Januar erzwingt, falls London bis zum 19. Oktober keine Einigung mit Brüssel erzielt.

Johnson hat sich verrechnet

Die Konservative Partei, bis anhin ein Sinnbild für pragmatische Flexibilität, verändert ihr Gesicht vor unseren Augen. Die 21 Rebellen sind aus der Fraktion ausgeschlossen worden und dürfen bei einer Neuwahl nicht mehr als Konservative antreten.

Doch Boris Johnson und sein unzimperlicher Berater, Dominic Cummings, hatten sich verrechnet: die einstigen Säulen des konservativen Establishments, darunter ein Grosssohn von Winston Churchill, hielten auf Kosten ihrer Karrieren an ihren Prinzipien fest. Johnson wiederholte trotzig, er werde «unter keinen Umständen» um einen Aufschub bitten.

Johnson hat sich verschätzt

Johnson beteuert, er habe Fortschritte bei seiner Suche nach einem neuen Scheidungsabkommen mit der EU erzielt – obwohl die EU dies bestreitet. Aber er könne nur Erfolg haben, wenn die Drohkulisse des ungeordneten Austritts am 31. Oktober bestehen bleibe. Folgerichtig deponierte er nach seiner Niederlage schon mal einen Antrag auf Neuwahlen.

Allein, dazu bedarf es der Zustimmung von zwei Dritteln aller Abgeordneten. Labour will nicht mitspielen: erst wenn der Absturz in den vertragslosen Zustand rechtskräftig verboten ist, könnte das Volk befragt werden. Das wird frühestens übers Wochenende der Fall sein, unmittelbar bevor das Parlament für mehr als einen Monat suspendiert wird.

Johnsons Militärsprache

Boris Johnson politisiert mit militärischen Metaphern. Er nennt Parteikollegen, die anderer Meinung sind, «Kollaborateure» und bezeichnet das geplante Gesetz als «Kapitulation». Diese Aggression widerspricht den herkömmlichen Gepflogenheiten der britischen Politik.

Ohne eine geschriebene Verfassung braucht es Augenmass, Vernunft und Anstand von allen Beteiligten, damit das System funktionsfähig bleibt. Der neue Westentaschen-Churchill in Downing Street entbehrt dieser Attribute und hat sich verschätzt.

Martin Alioth

Martin Alioth

Ehemaliger Grossbritannien- und Irland-Korrespondent, SRF

Personen-Box aufklappenPersonen-Box zuklappen

Der ehemalige Grossbritannien- und Irland-Korrespondent von Radio SRF lebt seit 1984 in Irland. Er hat in Basel und Salzburg Geschichte und Wirtschaft studiert.

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel

Nach links scrollen Nach rechts scrollen

80 Kommentare

Navigation aufklappen Navigation zuklappen
  • Kommentar von James Klausner  (Harder11)
    Der Name "Westentaschen-Churchill" mag despektierlich klingen, ist aber, gemessen an Herrn Johnsons Ambitionen und seinen Fähigkeiten, schon sehr treffend formuliert, zumal Herr Johnson sich in Statements und Plaudereien, sehr gerne in die Nähe des grossen Staatsmannes rückt. Wenn sich historische Situationen wiederholen, so doch meistens nur als Parodie. Herr Johnsons Marke ist zu wenig Fleiss und zu viel Improvisation, Beharrlichkeit ist bei ihm nur gespielt, Wahrheit ist für ihn verhandelbar.
  • Kommentar von Rolf Bolliger  (jolanda)
    Die Freude scheint gross zu sein, bei den Johnson-Hassern. Jetzt wird der britische "Donald Trump" endgültig zum medialen "Boxsack"! Nun, als Aussenstehender will ich das Verhalten des Premierministers nicht kommentieren und werten. Die Menschen in Grossbritannien sollten sich jetzt einfach klar werden: Wollen wir wirklich aus der EU austreten oder mit einer zweiten Volksabstimmung versuchen, dabei zu bleiben! Die angekündeten Neuwahlen könnten diese Entscheidung fördern und Klarheit schaffen!
    1. Antwort von Michel Koller  (Mica)
      Gegen die Politik und das Verhalten von Jemanden zu sein, hat noch nichts mit Hass zu tun.
    2. Antwort von Rolf Bolliger  (jolanda)
      Sobald "jemand" (vorallem der "verda...." Bolliger!) auf Grund der vielen negativen Angriffen in den Medien und deren Foren auf Boris Johnson ein reales Wort oder Faktum beim Namen nennt, fressen die Johnson Kritiker (meistens Verunglimpfer!) "Kreide" und schlachten einfach ein Wort innerhalb des Kommentars, (Hass) ideologisch und arrogant aus. Statt zum Thema eine klare Meinung zu äussern, attackieren die Johnson-Kritiker lieber ein Kommentar, der über die "Sache" eine klare Meinung äussert!
    3. Antwort von Philipp Moreno  (HOC)
      Verzeihen Sie mir Herr Bolliger aber Sie sind im Forum für ihren Wortschatz bekannt der aus "Linken" und dazu gehörigen difamierenden Adjektiven gehört und desweiteren dann noch "Gutmenschen". Wenn Sie sich angegriffen fühlen hat dies vielleicht damit zu tun, dass Sie selten eine sachliche Kritik äussern sondern eigentlich immer eine ideologisch gefärbte.
      Etwas mehr Sachlichkeit würde uns allen manchmal gut tun.
    4. Antwort von Michel Koller  (Mica)
      Sie nutzen dieses Wort nun mal sehr häufig und man stellt sich natürlich die Frage, wieso Sie das tun. Hass gehört zu den negativsten und destruktivsten Gefühlen, zu welchem der Mensch fähig ist. Der Gebrauch dieses Wortes sollte gut bedacht sein und ihn den Menschen vorzuwerfen ist auch keine Kleinigkeit.
    5. Antwort von James Klausner  (Harder11)
      Sie sind uns schon recht Herr Bolliger, wir nehmen Sie nun doch schon geraume Zeit auf diesem Forum wahr, so soll es sein, lassen Sie Ihren Meinungen ruhig freien Lauf. Sie werden aber hoffentlich selber nicht erwarten, dass jeder Ihrer manchmal 'sehr deutlichen' Kommentare unerwidert bleibt. :-)
  • Kommentar von Falco Kirschbein  (GrafKrolock)
    Stimmt, aber dann gäbe es auch keinen freien Warenhandel, wie ihn die Briten ja nun (behalten) wollen. Sie hätte ja auch nie einzutreten brauchen bzw. hätten mit der Ablösung der EG durch die EU die Sache einfach beenden können. Warum haben sie das nicht getan? Offensichtlich gibt es ja Vorteile.