Zum Inhalt springen

Riesenprojekt fertig gebaut Mega-Staudamm entzweit Nil-Anrainer-Staaten

Die ganze Region soll bald von der Stromproduktion profitieren können. Doch der Damm führt auch zu Spannungen.

Darum geht es: In Äthiopien ist der Staudamm GERD (Grand Ethiopian Renaissance Dam) fertiggestellt worden. Er kann mehr Wasser speichern als der Genfersee. Mehr als zehn Jahre lang wurde am Oberlauf des Nils gebaut, jetzt soll die Mega-Anlage Äthiopien zum Aufschwung verhelfen und das Land zum Stromexporteur machen. Wenig Freude am Damm haben die am Unterlauf des Nils liegenden Nachbarländer Ägypten und Sudan. Sie sorgen sich ums eigene Wasser.

Sudan und Ägypten befürchten, dass Äthiopien das Wasser nach Belieben abstellen kann.
Autor: Hans Hurni Emeritierter Geografie-Professor, Bern, kennt das GERD-Projekt

Die Bedenken: Der Blaue Nil, an dem der Staudamm steht, liefert rund die Hälfte des Wassers, das im Assuan-Staudamm weiter unten am Flusslauf des Nils in Ägypten verwendet wird. Wenn nun also im GERD so viel Wasser angestaut wird, wird dieses Wasser am Assuan-Staudamm womöglich fehlen. «Sudan und Ägypten befürchten, dass Äthiopien jetzt am Wasserhahn sitzt und das Wasser nach Belieben abstellen kann», sagt Hans Hurni, emeritierter Geografie-Professor aus Bern.

Riesiger Stausee, riesiges Kraftwerk

Box aufklappen Box zuklappen
Satellitenbild eines blauen Sees und roten Landschaften.
Legende: Satellitenbild der Nasa Reuters/Nasa

Der Mega-Damm in Äthiopien ist 145 Meter hoch und 1.8 Kilometer lang. Das eingebaute Wasserkraftwerk war seit 2011 im Bau. Die insgesamt 16 Turbinen sollen eine maximale Leistung von 5000 Megawatt erzielen können. Das wäre etwa so viel wie 5 Atomreaktoren des modernsten Schweizer AKW-Typs von Gösgen. Im Februar 2022 wurde mit dem Renaissance-Dam erstmals Strom produziert. Bislang laufen aber nur zwei der Turbinen. Und: Für einen laufenden, stabilen Betrieb kann nur so viel Wasser laufend abgelassen werden, wie aus dem äthiopischen Hochland nachfliesst. «Schon eine einzige Dürre würde zu Problemen und einer verminderten Stromproduktion führen», sagt der Berner Geograf Hans Hurni.

Die Vorgeschichte: Im Jahr 2020 war versucht worden, eine Vereinbarung zwischen den drei Ländern zu erzielen, damit der Wasserabfluss aus dem Staudamm gemeinsam gemanagt werden könnte. Doch: «Äthiopien stellte sich auf den Standpunkt: Der Damm steht auf unserem Boden, also entscheiden wir in unserem Sinne über das Wasser», sagt Geograf Hurni. Immerhin: Äthiopien will den Stausee nicht so schnell wie möglich füllen und so etwas mehr Wasser durchlassen, als zunächst befürchtet. «Damit wird den Bedenken Ägyptens in gewisser Weise Rechnung getragen.»

Die Drohung Ägyptens: Kairo ging vor fünf Jahren sogar so weit, mit einer Bombardierung des Renaissance-Damms zu drohen, falls der Betrieb des ägyptischen Assuan-Staudamms gefährdet sein sollte. Inzwischen ist der GERD aber fast vollgelaufen. Wenn der Damm also jetzt zerstört würde, würden vor allem Sudan und Ägypten von den Wassermassen überflutet. «Es ist wohl zu spät für Ägypten, etwas gegen die Vollendung des Dammes zu unternehmen», stellt Hurni fest.

Einladung zur Einweihungsfeier

Box aufklappen Box zuklappen

Der äthiopische Regierungschef Abiy Ahmed hat für September eine Einweihungsfeier für den Staudamm angekündigt und die Vertreter von Sudan und Ägypten sowie weiterer neun Anrainerstaaten dazu eingeladen. Ahmed betonte, der Renaissance-Staudamm sei «keine Bedrohung, sondern eine gemeinsame Chance». Die mit ihm entstehende «Energie und Entwicklung» werde nicht nur Äthiopien voranbringen. Zugleich machte er aber auch klar, dass sich das Projekt nicht mehr stoppen lasse.

Die Hoffnung Äthiopiens: Äthiopien hat einen Grossteil des Dammes selber finanziert und hofft jetzt auf grosse Fortschritte bei der Elektrifizierung des Landes. In der Tat wird künftig sehr viel mehr Strom produziert als bisher: Bei maximaler Produktion von 5000 Megawatt wäre es eine Verdoppelung des bisher in Äthiopien produzierten Stroms. Ausserdem hofft die Regierung von Ahmed, Strom in die Nachbarländer zu verkaufen und so Deviseneinnahmen generieren zu können.

SRF 4 News aktuell, 7.7.2025, 7:50 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel