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Heikler Chefwechsel: von der WTO zu Pepsi
Aus Rendez-vous vom 11.09.2020. Bild: Keystone
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Roberto Azevedo Von der WTO zu Pepsi: Wechsel mit bitterem Nachgeschmack

Am Tag, nachdem der Brasilianer seinen Job als Generaldirektor bei der WTO aufgegeben hatte, trat er eine Stelle bei Pepsi an.

Als Roberto Azevedo seinen Abgang bei der Welthandelsorganisation WTO ankündigte, begründete er das mit dem Wunsch, der Familie mehr Zeit zu widmen. Als bekannt wurde, dass er spornstreichs zum Getränkekonzern Pepsi wechselt, wo er mit vier Millionen Dollar pro Jahr rund zehnmal so viel verdienen wird wie bisher bei der WTO, sorgte das für Stirnrunzeln in Genf.

Viele finden es anrüchig, äussern das aber meist nur hinter vorgehaltener Hand. Der sozialdemokratische Europa-Abgeordnete Bernd Lange twittere dagegen: «Manchmal ist die Wirklichkeit noch schlechter als ein mittelmässiger Roman über Verflechtungen von Politik und Wirtschaft.»

Azevedo selber fand in einem Interview mit dem US-Sender CNN, seine neue Aufgabe passe bestens. Pepsi bemühe sich um Umweltschutz, sozialen Fortschritt und saubere Unternehmensführung. Dass der Konzern in erster Linie Getränke und andere Lebensmittel verkaufen will, erwähnte er nicht.

Keine Vorschriften bezüglich «Abkühlfrist»

Die WTO legt die Regeln für den weltweiten Handel mit Gütern und Dienstleistungen fest und entscheidet in Streitfällen. Sie ist keine Unterorganisation der UNO, sondern gilt offiziell als «UNO-nahe Organisation». Ihr Generaldirektor trifft regelmässig den UNO-Generalsekretär und die Chefs der wichtigsten UNO-Behörden.

Entsprechend wirft Azevedos lukrativer Wechsel Wellen im ganzen UNO-Apparat. Und man stellt fest: Es existiert dort wenig Griffiges zur Verhinderung von Interessenkonflikten, die entstehen, wenn jemand abrupt von einer Regulierungsbehörde zu einer Firma wechselt, deren Tätigkeit er zuvor regulieren musste. Es gibt höchstens Vertraulichkeitsregeln.

Aber es fehlen etwa sogenannte «Abkühlfristen», während derer die Übernahme neuer Aufgaben stark limitiert ist. «Die Problematik wurde bisher in der UNO kaum diskutiert und selbst von Journalisten selten aufgegriffen», sagt Warren Hoge, früherer UNO-Korrespondent der «New York Times», der sich beim International Peace Institute mit den Vereinten Nationen befasst.

«Bestens bekannt war, dass Ex-UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon eine Kandidatur als Präsident Südkoreas vorbereitete. Dennoch wurde kaum je thematisiert, ob ihn das nicht arg einschränkte in seiner Unabhängigkeit und Unparteilichkeit als oberster UNO-Chef.» Nach Ablauf seiner Amtszeit verzichtete Ban auf eine Kandidatur, da er kaum Erfolgschancen hatte.

Unverdächtige Tätigkeiten im Sinne der UNO

Vielleicht fehlen auch deshalb Sensibilität und klare Regeln, weil das Problem bisher in der UNO selten auftrat. Azevedos Vorgänger bei der WTO, Pascal Lamy, ist seither in Denkfabriken und als Berater hinter den Kulissen aktiv.

Ex-Generalsekretär Kofi Annan gründete eine Stiftung, die weitgehend die Ziele der UNO vertritt. Mohammed el-Baradei wechselte in die ägyptische Politik, jedoch erst mehr als zwei Jahre nach seinem Abgang bei der IAEA.

Die frühere Chefin der Weltgesundheitsorganisation WHO, Gro Harlem Brundtland, und Ex-UNO-Menschenrechtshochkommissarin Mary Robinson sind beim Netzwerk «The Elders» aktiv. Es vereinigt frühere Spitzenpolitiker, die sich als mahnende Stimmen im Geiste der UNO-Ziele verstehen.

Solche Aktivitäten seien natürlich unproblematisch, findet Hoge. Fragt sich, ob Azevedos Wechsel Schule macht. Erst dann dürfte der Druck gross genug werden, damit die UNO handelt, um Interessenkonflikte zu verhindern.

Rendez-vous, 10.09.2020, 12:30 Uhr

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