Die USA und die Ukraine haben ein Rohstoffabkommen unterzeichnet, das den Amerikanern Zugang zu ukrainischen Bodenschätzen sichern soll. Was bedeutet der Deal? Einschätzungen von Ulrich Blum, Professor für Wirtschaftspolitik und Geschäftsführer des Deutschen Lithiuminstituts.
SRF News: Ist der Rohstoffdeal eine Win-Win-Situation für beide Länder?
Ulrich Blum: Das kann sich dazu entwickeln. Die USA zeigen mit dem Abkommen ein langfristiges wirtschaftliches Interesse an der Ukraine – nicht nur ein politisches. Das stärkt die Ukraine strategisch: Sollte Russland gezielt Rohstoffinfrastruktur angreifen, hätte es ein Problem mit den USA. Das wirkt abschreckend und signalisiert Rückhalt.
Die USA erhalten mit diesem Abkommen einen privilegierten Zugang zu ukrainischen Ressourcen. Was bietet die Ukraine konkret?
Die Ukraine verfügt über Vorkommen Seltener Erden – wichtig für die Herstellung von Elektromotoren, Windrädern oder Smartphones. Doch bislang sind viele dieser Lagerstätten noch nicht vollständig erkundet. Ob sich ein Abbau lohnt, ist offen. Dafür bietet das Land reichlich klassische Rohstoffe wie Öl, Gas und Kohle – und genau diese sind nun ebenfalls Teil des Abkommens. Damit ist der Deal breiter und kurzfristig relevanter.
Ein Abbau in russisch kontrollierten Gebieten ist unrealistisch. Das würde international für massive Kritik sorgen.
Wie problematisch ist es, dass viele Rohstoffgebiete im Kriegsgebiet liegen?
Das ist ein zentraler Punkt. Es ist unklar, ob Rohstoffe aus russisch besetzten Gebieten in der Ukraine unter das Abkommen fallen oder ob russische Unternehmen davon profitieren könnten. Sollte etwa ein US-Unternehmen dort fördern wollen, wäre das rechtlich und politisch höchst umstritten. Denkbar ist, dass Russland selbst fördert und über Umwege verkauft.
Wo könnten die USA konkret mit dem Abbau beginnen?
Wahrscheinlich in sicheren Gebieten, etwa im Westen oder im Norden nahe der Grenze zu Belarus, wo es ebenfalls Vorkommen gibt. Ein Abbau in russisch kontrollierten Gebieten ist unrealistisch. Das würde international für massive Kritik sorgen. Der erste Schritt dürfte deshalb der Aufbau einer sicheren, wirtschaftlich tragfähigen Infrastruktur in ukrainisch kontrollierten Regionen sein.
Das Abkommen passt in die geopolitische Strategie der USA, sich unabhängiger von China zu machen.
Vorgesehen ist ein Investitionsfonds zum gemeinsamen Abbau ukrainischer Bodenschätze, der Geld zum Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes erwirtschaften soll. Geht diese Rechnung auf?
Der Fonds ist eine gute Idee, hat aber Grenzen. Kurzfristig könnten Einnahmen aus Öl- oder Gasexporten helfen. Doch viele Vorkommen – gerade Seltene Erden – sind noch nicht erschlossen. Das heisst: Der Grossteil der Erträge liegt in der Zukunft. Und: Der Wiederaufbau wird voraussichtlich viel teurer als bisher geschätzt.
Warum setzen die USA so stark auf Seltene Erden aus der Ukraine?
In den USA selbst ist der Abbau teuer und umweltsensibel. Seltene Erden enthalten oft radioaktive Elemente, deren Trennung aufwendig ist. Zudem gibt es in den USA starken Widerstand gegen Bergbauprojekte. Der Import aus der Ukraine wäre politisch einfacher durchsetzbar und möglicherweise wirtschaftlich günstiger. Damit passt das Abkommen auch in die geopolitische Strategie der USA, sich unabhängiger von China zu machen, das derzeit den Markt dominiert.
Das Gespräch führte David Karasek.