Zum Inhalt springen

Weder Moral noch Geopolitik Was Trump vom Rohstoffdeal will – und was er bekommt

Die USA und die Ukraine einigen sich auf ein Rohstoffabkommen. Der «Dealmaker» machte dafür auch Konzessionen.

Erst der Eklat, dann der Deal: Vor zwei Monaten hat Donald Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodomir Selenski mit Schimpf und Schande aus dem Weissen Haus gejagt. Das Tischtuch zwischen den beiden Staatschefs schien endgültig zerschnitten. Nun unterzeichnen sie doch noch ein Rohstoffabkommen.

Hat der amerikanische Präsident auch einen Deal abgeschlossen, mit dem er zufrieden sein kann? Kann Trump das Abkommen innenpolitisch als Erfolg verkaufen und wird es den USA auch wirtschaftlich nutzen? Diese Fragen beantworten SRF-Korrespondentin Barbara Colpi und der Geowissenschaftler Jens Gutzmer.

Die wichtigsten Punkte des Rohstoffabkommens

Box aufklappen Box zuklappen
Trump
Legende: Diplomatisch gesprochen handelt es sich nicht um einen «Deal», sondern um ein «Memorandum of Intent» – also eine Absichtserklärung. Keystone/EPA/Samuel Corum

Das Abkommen gewährt den USA Zugang zu seltenen Erden und anderen kritischen Mineralien in der Ukraine. Gleichzeitig soll ein gemeinsamer Investitionsfonds für den Wiederaufbau und die wirtschaftliche Entwicklung der Ukraine eingerichtet werden. Dieser Fonds soll zu gleichen Teilen von beiden Ländern finanziert und verwaltet werden.

In den Fonds fliessen 50 Prozent der zukünftigen Einnahmen aus staatlichen ukrainischen Mineralien sowie aus Öl und Gas. Ebenso fliesst neue US-Militärhilfe als Beitrag in den Fonds ein. Die Vereinbarung schliesst frühere US-Hilfen aus und bezieht sich nur auf zukünftige Einnahmen und Investitionen. Dies war ein wichtiger Punkt für die Ukraine, um nicht zum Schuldner für bereits erhaltene Unterstützung zu werden.

1. Der politische Nutzen für Trump

Trumps Hauptmotivation hinter dem Abkommen umreisst die SRF-Korrespondentin in Washington wie folgt: «Er will als Dealmaker dastehen und zeigen, dass die USA etwas für ihre militärische und finanzielle Unterstützung zurückbekommen.» Dieses Ansinnen reiht sich in Trumps Zollpolitik oder seinen Umgang mit den Nato-Partnern ein: Die Zeit, da andere Länder (vermeintlich) auf Kosten der USA gelebt haben, soll vorbei sein.

Xi Xinping und Trump auf Matroschkas.
Legende: Bei vielen – auch «kritischen Rohstoffen» – ist China der grösste Produzent. Diese Abhängigkeit könnte sich als fatal erweisen, sollten sich die Beziehungen zu Peking dramatisch verschlechtern. Keystone/AP/Dmitri Lovetsky

«Trump geht es im Wesentlichen um wirtschaftliche Eigeninteressen und weniger um eine moralisch oder geopolitisch motivierte Unterstützung der Ukraine», schliesst Colpi. Die Vereinbarung sei ein pragmatischer Schritt, um die US-Interessen zu sichern. Dies auch, was die Diversifizierung beim Zugang zu kritischen Mineralien angeht.

2. Der Rohstoffdeal und Trumps Friedensbemühungen

«Gleichzeitig soll die Ukraine wirtschaftlich stabilisiert werden, um so einem Friedensabkommen zwischen Kiew und Moskau näherzukommen», schätzt Colpi. Mit einer Befriedung des Kriegs könnte Trump nicht nur ein zentrales Wahlversprechen einlösen. Er könnte sich auch die Milliardenhilfen zur Unterstützung der Ukraine sparen, die ihm seit Langem ein Dorn im Auge sind.

Selenski vor US-Flagge
Legende: Unter Trump ist die militärische Unterstützung für die Ukraine in der Schwebe. Er setzte sie auch offen als Druckmittel ein, um Selenski zu Zugeständnissen in Verhandlungen zu bringen. Keystone/DPA/Andreas Arnold

Ist der Deal ein Zeichen, dass sich die USA doch wieder hinter die Ukraine stellen? Colpi relativiert: Trump komme Kiew zwar entgegen, indem es doch nicht verpflichtet wird, frühere US-Hilfen durch Rohstofferlöse zurückzuzahlen. Zudem behält die Ukraine die volle Kontrolle über ihre Ressourcen. Aber: «Sicherheitsgarantien für die Ukraine sind in dem Abkommen nicht festgehalten», sagt Colpi. «Nach dem hitzigen Treffen im Weissen Haus haben sich die USA aber zu einer kooperativeren Haltung durchgerungen.» Und auch Trump persönlich habe seine Haltung offenbar gemildert.

3. Der wirtschaftliche Nutzen für die USA

Jens Gutzmer, Direktor am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie, spricht von einem wegweisenden Abkommen: «Es geht wohl nicht darum, die Rohstoffe in der Ukraine einfach auszubeuten und in die USA zu bringen.» Vielmehr solle der Investitionsfonds die Rohstoffvorkommen überhaupt erst einmal erfassen – und die Erlöse sollten auch zum Wiederaufbau der Ukraine eingesetzt werden.

Rohstoffabbau in der Ukraine
Legende: Es sei illusorisch, sofort Bergwerke zu eröffnen und dann riesige Mengen an Rohstoffen abzubauen. «Zunächst einmal wird es darum gehen zu erfassen, welche Rohstoffe in der Ukraine schlummern», sagt Gutzmer. Keystone/AP/EFREM LUKATSKY

Bei Eisenerz oder Mangan lasse sich relativ gut abschätzen, welche Reserven es im Land gebe, erklärt Gutzmer. Bei den begehrten Seltenen Erden oder Lithium brauche es aber Erkundungen, die fünf bis zehn Jahre beanspruchen könnten. «Erst dann weiss man, ob man eine abbauwürdige Lagerstätte hat.» Fazit: Trumps Aussage, wonach die USA mit dem Rohstoffdeal mehr einnehmen, als sie je für die Ukraine ausgegeben haben, bleibe reine Spekulation.

Russland Ukraine Quellen: liveuamap.com, ZDF © contributorsOpenStreetMap Nichteisenmetalle Lithium Eisenerz Seltene Erde Russische Truppen

Diskutieren Sie mit:

Heute Morgen, 01.05.2025, 6 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel