Erst der Eklat, dann der Deal: Vor zwei Monaten hat Donald Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodomir Selenski mit Schimpf und Schande aus dem Weissen Haus gejagt. Das Tischtuch zwischen den beiden Staatschefs schien endgültig zerschnitten. Nun unterzeichnen sie doch noch ein Rohstoffabkommen.
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Bild 1 von 2. «Du spielst mit dem Dritten Weltkrieg!»: Im Weissen Haus griff Trump zum diplomatischen Zweihänder... Bildquelle: Keystone/AP/Mystyslav Chernov.
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Bild 2 von 2. ...bei der Trauerfeier für Papst Franziskus zeigte sich, dass auch die Wege des «Dealmakers» unergründlich sind: Plötzlich gab sich Trump versöhnlich. Bildquelle: Keystone/AP/Ukrainisches Präsidialbüro.
Hat der amerikanische Präsident auch einen Deal abgeschlossen, mit dem er zufrieden sein kann? Kann Trump das Abkommen innenpolitisch als Erfolg verkaufen und wird es den USA auch wirtschaftlich nutzen? Diese Fragen beantworten SRF-Korrespondentin Barbara Colpi und der Geowissenschaftler Jens Gutzmer.
1. Der politische Nutzen für Trump
Trumps Hauptmotivation hinter dem Abkommen umreisst die SRF-Korrespondentin in Washington wie folgt: «Er will als Dealmaker dastehen und zeigen, dass die USA etwas für ihre militärische und finanzielle Unterstützung zurückbekommen.» Dieses Ansinnen reiht sich in Trumps Zollpolitik oder seinen Umgang mit den Nato-Partnern ein: Die Zeit, da andere Länder (vermeintlich) auf Kosten der USA gelebt haben, soll vorbei sein.
«Trump geht es im Wesentlichen um wirtschaftliche Eigeninteressen und weniger um eine moralisch oder geopolitisch motivierte Unterstützung der Ukraine», schliesst Colpi. Die Vereinbarung sei ein pragmatischer Schritt, um die US-Interessen zu sichern. Dies auch, was die Diversifizierung beim Zugang zu kritischen Mineralien angeht.
2. Der Rohstoffdeal und Trumps Friedensbemühungen
«Gleichzeitig soll die Ukraine wirtschaftlich stabilisiert werden, um so einem Friedensabkommen zwischen Kiew und Moskau näherzukommen», schätzt Colpi. Mit einer Befriedung des Kriegs könnte Trump nicht nur ein zentrales Wahlversprechen einlösen. Er könnte sich auch die Milliardenhilfen zur Unterstützung der Ukraine sparen, die ihm seit Langem ein Dorn im Auge sind.
Ist der Deal ein Zeichen, dass sich die USA doch wieder hinter die Ukraine stellen? Colpi relativiert: Trump komme Kiew zwar entgegen, indem es doch nicht verpflichtet wird, frühere US-Hilfen durch Rohstofferlöse zurückzuzahlen. Zudem behält die Ukraine die volle Kontrolle über ihre Ressourcen. Aber: «Sicherheitsgarantien für die Ukraine sind in dem Abkommen nicht festgehalten», sagt Colpi. «Nach dem hitzigen Treffen im Weissen Haus haben sich die USA aber zu einer kooperativeren Haltung durchgerungen.» Und auch Trump persönlich habe seine Haltung offenbar gemildert.
3. Der wirtschaftliche Nutzen für die USA
Jens Gutzmer, Direktor am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie, spricht von einem wegweisenden Abkommen: «Es geht wohl nicht darum, die Rohstoffe in der Ukraine einfach auszubeuten und in die USA zu bringen.» Vielmehr solle der Investitionsfonds die Rohstoffvorkommen überhaupt erst einmal erfassen – und die Erlöse sollten auch zum Wiederaufbau der Ukraine eingesetzt werden.
Bei Eisenerz oder Mangan lasse sich relativ gut abschätzen, welche Reserven es im Land gebe, erklärt Gutzmer. Bei den begehrten Seltenen Erden oder Lithium brauche es aber Erkundungen, die fünf bis zehn Jahre beanspruchen könnten. «Erst dann weiss man, ob man eine abbauwürdige Lagerstätte hat.» Fazit: Trumps Aussage, wonach die USA mit dem Rohstoffdeal mehr einnehmen, als sie je für die Ukraine ausgegeben haben, bleibe reine Spekulation.