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Rücktritt von Parlamentarierin Israels Regierung verliert die Mehrheit im Parlament

Eine Abgeordnete der Regierungspartei Jamina sei zurückgetreten: Das berichten israelische Medien. Mit welchen Folgen?

Worum geht es? Seit knapp einem Jahr regiert in Israel eine Koalition, die aus acht Parteien von links bis rechts besteht. Diese Koalition hat nun aber die Mehrheit im Parlament verloren. Das berichten israelische Medien am Mittwochmorgen.

Wieso der Verlust der Mehrheit im Parlament? Die Parlamentarierin Idit Silman hat den Austritt aus der Regierungskoalition bekannt gegeben. Begründet hat sie ihren Rücktritt damit, dass sie es einfach nicht mehr aushalte mit dieser Regierung; sie «könne es nicht weiter verantworten, der jüdischen Identität Israels zu schaden». Damit bezieht sie sich auf einen Streit mit dem israelischen Gesundheitsminister.

Idit Silman spricht mit einem Mann und fasst sich mit einer Hand ins Gesicht.
Legende: Oppositionsführer Benjamin Netanjahu sprach von einer «mutigen Entscheidung» Silmans. Getty Images/Marcus Yam

Worum ging es bei dem Streit? Beim Streit ging es um Chametz. Das sind Esswaren, die Weizen, Gerste, Hafer, Roggen oder Dinkel enthalten. Der Verzehr, Besitz oder Verkauf solcher Nahrungsmittel ist während des Pessachfestes verboten. Der Gesundheitsminister wollte erlauben, dass diese Speisen in Spitälern verkauft oder abgegeben werden können. Das brachte streng-religiöse Kreise auf die Palme, denn dieses Chametz-Verbot betrachten sie als essenziellen Teil des Festes, das der Erinnerung an den biblischen Auszug des jüdischen Volkes aus Ägypten gilt. Andere Politiker sagen jedoch, das sei nur ein Nebenschauplatz.

Kam der Mehrheitsverlust überraschend? Der Rücktritt dieser Parlamentarierin sei sicher überraschend gekommen, sagt SRF-Nahostkorrespondentin Susanne Brunner. «Vor allem für Premier Naftali Bennett, der sagt, er habe überhaupt nichts davon gewusst.» Doch eigentlich sei es ein Wunder, dass diese Regierung überhaupt so lange ihre knappe Mehrheit behalten konnte. «Noch nie war eine israelische Regierung so heterogen. Da sitzen Ultrarechte bis ganz Linke drin, sind sich in fast nichts einig. Der einzige Grund, weshalb sie überhaupt eine Regierung gebildet hatten, war, dass sie Benjamin Netanjahu als Premier loswerden wollten», erklärt Brunner.

Was bedeutet das nun? Laut Susanne Brunner wird es der israelischen Regierung, die jetzt keine Mehrheit mehr hat im Parlament, einerseits noch schwerer fallen, Entscheide zu fällen. «Andererseits braucht es nur noch eine weitere Person, die die Koalition verlässt, und dann stürzt die Regierung – und Israel steht wieder vor Neuwahlen.»

Wird die israelische Regierung nun gestürzt?

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Der Druck der verbleibenden Koalitionsparteien werde nun sicher steigen, so Brunner. «Im Stil von: Entweder stimmt ihr meinem Anliegen zu oder ich trete zurück.» Das sei eine sehr ungemütliche Situation für Premier Naftali Bennett. Und auch das Timing sei schlecht: «Israel sieht sich mit einer Anschlagsserie konfrontiert, es steht zwischen der Ukraine und Russland. Es gibt also diplomatische und sicherheitspolitische Krisen zu bewältigen. Und auch innenpolitisch braucht Israel dringend eine funktionierende Regierung.» Diese hatte sie seit 2018 lange nicht mehr, ständig mussten Israelis wieder eine neue Regierung wählen.

Wie reagiert die Koalition? Es gebe innerhalb der Koalition noch immer die Hoffnung, dass die Parlamentarierin Idit Silman ihren Rücktritt zurücknimmt. «Vermutet wird – vor allem im Umfeld des Premiers Bennett -, dass die Mehrheitssprecherin Idit Silman mit Netanjahu heimlich Gespräche geführt habe.» Netanjahu wünsche sich nichts mehr, als dass diese Regierung stürzt und er wieder kandidieren und zurück an die Macht kann. «Er tut auch alles, um die Regierung zu torpedieren», sagt die Nahostkorrespondentin.

SRF 4 News, HeuteMorgen, 06.04.2022, 08:19 Uhr ; 

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