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Rund 20-stündiger Aufenthalt Nach Kritik: Aussenminister Cassis nach Israel gereist

  • Aussenminister Ignazio Cassis ist in den Nahen Osten gereist.
  • Während seines rund 20-stündigen Aufenthalts will Cassis Israel und das Westjordanland besuchen.
  • Dem Bundesrat weht seit längerem Kritik entgegen: aus dem Parlament, von mehreren NGOs und aus Diplomatenkreisen hinsichtlich eines «Schweigens» der Schweiz im Gaza-Krieg.

Eines der Ziele sei, sich eine eigene Meinung über die humanitäre Hilfe in der Region zu bilden und sich für die Respektierung des Völkerrechts und für eine Lösung des Konflikts einzusetzen.

So traf Cassis zu Beginn seiner Visite in Jerusalem als erstes Vertreterinnen und Vertreter von drei im Gebiet tätigen Organisationen. «Wir sind mit einem Informationskrieg konfrontiert», sagte der Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) zu Beginn der Diskussion. Am Tisch sassen die provisorische humanitäre Koordinatorin der UNO für die palästinensischen Gebiete, aber auch Verantwortliche des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) und des UNO-Büros für humanitäre Angelegenheiten (Ocha).

Eineinhalb Stunden später, später als erwartet, scheint sich der sehr offene Dialog gelohnt zu haben: «Es war eine gute Diskussion», sagte EDA-Sprecher Nicolas Bideau der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Wir wurden detailliert über die Herausforderungen bei der Versorgung der Bevölkerung von Gaza mit humanitärer Hilfe durch Personen, die vor Ort arbeiten, aufgeklärt», sagte er. Diese «sind jeden Tag mit der israelischen Verwaltung konfrontiert».

Der nächste Schritt wird es nun sein, den israelischen Aussenminister Gideon Saar am Mittwochmorgen mit diesen Hinweisen zu konfrontieren.

Organisationen werten Treffen als nützlich

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Auch aufseiten der humanitären Helferinnen und Helfer wurde das Treffen als nützlich erachtet. Es konnte erklärt werden, warum die umstrittene Gaza Humanitarian Foundation (GHF) die humanitären Grundsätze nicht einhält und warum die Schweizer Öffentlichkeit dies wissen muss. Ausserdem gab es Informationen darüber, warum die wenigen internationalen Lastwagen, die am Kerem-Shalom-Übergang ankommen, die Hilfsgüter nicht verteilt können, weil die Sicherheitsbedingungen angesichts der aktuellen Situation nicht mehr gegeben sind.

In der vergangenen Woche erntete Cassis Kritik. Dies insbesondere, als er begründen wollte, warum die Schweiz sich nicht einem Brief von 22 europäischen Staaten angeschlossen hatte, in dem gefordert wurde, dass die Hilfe im Gazastreifen von der UNO und humanitären Organisationen gesteuert werden sollte.

Der Tessiner war der Ansicht, dass das Schreiben von vornherein den israelischen Plan, die Verteilung der Hilfsgüter über die umstrittene Gaza Humanitarian Foundation (GHF) zu kontrollieren, ablehnte. Bei den ersten Verteilungen von Hilfsgütern durch GHF wurden mehrere Dutzend Menschen getötet. GHF ist in den USA ansässig und hatte eine nicht funktionsfähige Filiale in Genf angemeldet.

Während der Beschuss der israelischen Armee zugeschrieben wurde, meinte der Bundesrat, dass man «nie wissen» werde, wer wirklich verantwortlich sei.

Kritik aus Parlament und Diplomatenkreisen

Ein weiterer Kritikpunkt von Parlamentsmitgliedern und Nicht­regierungsorganisationen war, dass der EDA-Vorsteher seiner Linie treu blieb und weiterhin Israel sowie die Hamas gleich verurteilte. Viele forderten eine stärkere Verurteilung Israels aufgrund der Luftangriffe und der Blockade humanitärer Hilfe.

Kritik an den Bundesrat kam auch aus diplomatischen Kreisen. Dutzende ehemalige Schweizer Botschafter und Hunderte von EDA-Mitarbeitenden werfen Cassis vor, dass er keinen ausreichend scharfen Ton gegenüber der israelischen Haltung anschlägt. Laut mehreren UNO-Agenturen hungert die gesamte Bevölkerung im Gazastreifen.

Die Schweiz muss ihre Position vor der UNO-Konferenz über die Zweistaatenlösung in einer Woche festlegen. Mehrere Länder könnten dabei einen palästinensischen Staat anerkennen. Verbündete Israels lehnen das Szenario ab.

SRF 4 News, 10.6.2025, 15 Uhr ; 

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