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Russlands Krieg in der Ukraine Ein Strauss aus Bomben

Die Rede des russischen Präsidenten von heute Montag wurde besonders in der Ukraine mit grosser Sorge erwartet. Dass Wladimir Putin in seiner Rede weder offiziell der Ukraine den Krieg erklärte noch einen Sieg verkündete, sind keine beruhigenden Nachrichten. Denn Wladimir Putin hat mit seinem heutigen Auftritt erneut unter Beweis gestellt, dass niemand ausserhalb des Kremls wirklich wissen kann, was er als Nächstes plant. 

Keine Sicherheit, für niemanden

Das Leben von Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern gleicht seit Kriegsbeginn einem Drehbuch aus einem zweitklassigen Horrorfilm. Doch im Unterschied zum Kino können die Menschen in der Ukraine nicht den Saal verlassen, wenn die Gewalt ein zu absurdes Ausmass annimmt. Die Gewalt, mit welcher die russischen Truppen in den besetzten Gebieten gegen Zivilisten vorgehen, ist ausführlich dokumentiert worden und lässt den Menschen wenig Zweifel daran, dass man seitens der russischen Armee zu allem bereit scheint. 

Auch wer vom Krieg im engsten Familienkreis bisher verschont geblieben ist, kann sich nicht in Sicherheit wähnen. Denn dazu müsste ein klares Ziel im Krieg gegen die Ukraine von Wladimir Putin kommuniziert werden. Doch dass die Befehle zur Gewalt in Endlosschlaufe direkt von Putin persönlich stammen, lässt sich nicht nachweisen. Das Gegenteil ebenso wenig.

Meisterschaft im Zynismus

Der bisherige Kriegseinsatz mag für die russischen Streitkräfte aus militärischer Sicht eine Blamage sondergleichen darstellen und manche Mythen über die Wehrfähigkeit Russlands infrage stellen. Bezüglich Zynismus reicht dem Oberbefehlshaber der russischen Armee jedoch niemand so schnell das Wasser. 

Während Wladimir Putin in Moskau am Denkmal für die Heldenstadt aus Sowjetzeiten Blumen niederlegt, ertönt über der ukrainischen Hauptstadt Sirenenalarm. Zu den Heldenstädten der Sowjetunion gehört auch Kiew. Dass der Kremlchef Blumen niederlegt, während er zur selben Zeit in Wahrheit Bomben schickt, spricht Bände für den Wahrheitsgehalt seiner öffentlichen Auftritte. 

Leben in Ungewissheit

Statt Putins Worte im Detail zu analysieren, fragen sich die Menschen in der Ukraine, weswegen die Flugzeugshow an der Parade ausgeblieben ist. Der offiziellen Erklärung des Kremlsprechers, dass diese wegen schlechten Wetters abgesagt werden musste, wird kein Vertrauen geschenkt. Es gibt nur eine Gewissheit im Leben der Menschen in der Ukraine, solange Wladimir Putin in Russland an der Macht ist: Man kann nie wissen, was als nächstes geschehen wird. 

Luzia Tschirky

Russland-Korrespondentin

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Luzia Tschirky ist SRF-Korrespondentin für die Region Russland und die ehemalige UdSSR.

 

 

Tagesschau, 09.05.2022, 12.45 Uhr

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