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Sanktionen gegen Weissrussland Die EU ändert ihre Weissrussland-Strategie

Die EU-Aussenministerinnen und Aussenminister haben sich heute bei einer ausserordentlichen Sitzung für gemeinsame Sanktionen gegen Weissrussland ausgesprochen. Das kommt überraschend. Anfang der Woche war noch nicht einmal klar, ob es wegen der Situation in Weissrussland überhaupt eine solche Sitzung geben soll.

Nach den Wahlen reagierte die EU zuerst zurückhaltend. Der EU-Aussenbeauftrage Josep Borrell sagte noch am Dienstag diplomatisch, dass die Europäische Union die Beziehung zur ehemaligen Sowjetrepublik gründlich überprüfen werde. Der Druck wurde von den Mitgliedstaaten aber schnell aufgebaut. Unter anderem die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel forderten Sanktionen.

Russland oder Europa

Europa befindet sich in einem Dilemma. Es liegt nach den wohl nicht fair abgelaufenen Wahlen in Weissrussland auf der Hand, dass viele europäische Staaten, sowie auch eine Gruppe von EU-Parlamentarierinnen und Parlamentariern, Sanktionen gegen Weissrussland mit ihrem langjährigen Herrscher Alexander Lukaschenko fordern. Die Europäische Union gilt als Hüterin demokratischer Grundwerte. Die mutmasslich manipulierten Wahlen, die Polizeigewalt gegen Protestierende sowie die Einschränkung der Medienfreiheit widersprechen deutlich diesen demokratischen Grundprinzipien.

Gleichzeitig möchte die Europäische Union aber auch politische und wirtschaftliche Beziehungen zum Nachbarstaaten pflegen. Weissrussland ist nebst anderen ehemaligen Sowjetrepubliken Teil der östlichen Partnerschaft der EU. Um zu verhindern, dass sich Alexander Lukaschenko immer mehr in Richtung Russland und Putin bewegt, ist diese Partnerschaft für Europa wichtig. Die Gefahr besteht, dass Sanktionen als Reaktion auf die Präsidentschaftswahlen diese Beziehungen stören werden.

Ungarn spricht sich für Sanktionen aus

Konkrete Sanktionen gegen Weissrussland wurden heute noch nicht beschlossen, aber der EU-Aussenbeauftrage Borrell wurde beauftragt, eine Liste mit Personen zu erarbeiten, die sanktioniert werden sollen. Lange war unklar, wie sich Ungarn positionieren wird. Weil es für einen solchen Entscheid die Zustimmung aller 27-EU-Staaten braucht, hätte Ungarn ein Veto einlegen können.

Es ist bekannt, dass Ministerpräsident Viktor Orban eine enge Beziehung zu Alexander Lukaschenko pflegt. Dass jetzt aber auch Ungarn Sanktionen gegen Weissrussland unterstützt, zeigt in aller Deutlichkeit, dass die EU geschlossen die aktuelle Situation in Weissrussland verurteilt. Damit ändert die EU ihre geopolitischen Ziele in Bezug auf Weissrussland und Lukaschenko.

Michael Rauchenstein

SRF-Korrespondent TV in Brüssel

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Während seines Studiums der Politikwissenschaft an der FU Berlin arbeitete Michael Rauchenstein zweieinhalb Jahre als freier Redaktor für SRF in Berlin. Nach einem Jahr in der Auslandredaktion (und bei der Arena) in Zürich ist er seit März 2020 TV-Korrespondent in Brüssel.

Tagesschau, 14.08.2020, 19:30 Uhr

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