Kinder haben ein Recht auf ihr eigenes Bild – zumindest verlangt dies die UNO-Charta für Kinderrechte. Ein Gesetzesentwurf, über den die französische Nationalversammlung im Herbst in zweiter Lesung entscheiden wird, will dieses Anliegen in Frankreich durchsetzen.
De facto entscheiden Eltern über die Rechte am Bild ihrer Kinder. Aber sie sollen ihre minderjährigen Töchter und Söhne ihrem Alter entsprechend am Entscheid beteiligen. Dies verlangt Artikel 1 des Gesetzes, das Bruno Studer von Präsident Macrons Partei Renaissance in der Nationalversammlung eingebracht hat. Es gehe nicht um ein generelles Verbot, Bilder von Kindern im Internet zu verbreiten. Aber Eltern müssten sich bewusst sein, dass sie die Privatsphäre ihrer Kinder schützen müssten. Dies sei der pädagogische Teil des Gesetzes.
Heikel: Scherzvideos
Wenn diese Privatsphäre grob verletzt werde, solle ein Gericht eine weitere Publikation verbieten können. Falls Eltern weiterhin Bilder ihrer Kinder publizierten, wäre dies ein Fall für die Strafjustiz. Der Abgeordnete aus dem Elsass hat konkrete Vorstellungen, wann ein Gericht eingreifen sollte: Zum Beispiel, wenn Eltern täglich Dutzende von Bildern mit privaten Szenen ins Netz stellen würden.
Besonders heikel seien Scherzvideos, bei denen Kinder etwa zum Weinen gebracht und damit blossgestellt würden. Einmal im Netz würden solche Szenen von Tausenden geteilt und niemals mehr aus dem Leben der Kinder verschwinden.
Frankreichs Nationalversammlung hat das Gesetz in erster Lesung einstimmig angenommen. Der Senat entschied sich als zweite Kammer für eine andere Fassung. Nun wird die Nationalversammlung im Herbst in zweiter Lesung definitiv entscheiden.
Missbrauch soll verhindert werden
Es wäre weltweit eine Premiere, aber es schliesst an ein Gesetz an, das in Frankreich seit zwei Jahren in Kraft ist. Wenn Influencer in ihren Beiträgen Kinder einsetzen, braucht es dafür eine Arbeitsbewilligung. Dies soll den Missbrauch von Kindern verhindern. Auch dieses Gesetz ging auf eine Initiative von Bruno Studer zurück. Kinder bräuchten besonders Schutz, sagt er.
Eltern, die unzählige Bilder ihrer Kinder publizierten, gehe es oft auch um Geld. Emotionale Szenen mit Kindern seien besonders attraktiv und würden sich auch kommerziell gut ausschlachten lassen, für Werbung zum Beispiel. Mit dem Recht auf das Bild ihrer Kinder würden Eltern also eine Geldquelle verlieren, so Studer.
Frankreich will die digitale Welt auch in anderen Bereichen juristisch in den Griff bekommen: Die Regierung will den Zugang zu Pornoseiten für Jugendliche einschränken und die Betreiber zu einer Altersprüfung ihrer Kundschaft verpflichten.
Mindestalter für Konto auf Social Media
Die Nationalversammlung hat kürzlich zudem ein Mindestalter festgelegt, mit dem Jugendliche in sozialen Netzwerken ein Konto einrichten können. Vor dem 15. Geburtstag brauchen sie die Unterschrift der Eltern und die Betreiber der Netzwerke müssen dies überprüfen.
Auch das Geschäft im Internet hat sich Frankreichs Parlament vorgenommen. Im Juni hat es ein Gesetz verabschiedet, das Influencerinnen und Influencer dazu verpflichtet, bezahlte Inhalte auf sozialen Medien künftig klar als solche zu deklarieren. Bei vielen dieser Gesetze spielt Frankreich international eine Vorreiterrolle. Es hat durch ein breites mediales Echo auch in anderen Ländern ähnliche Entwicklungen ausgelöst.