Jakob Hausmann möchte Spareribs essen. Aber das muss verdient sein in diesem Restaurant in der Bukarester Altstadt, wo man sich nie entscheiden kann, ob alles prächtig oder schäbig ist oder beides.
«Seit zehn Minuten haben wir jetzt die Karte und es kommt niemand – das meine ich», stellt Hausmann leicht genervt fest. Diese Warterei, er hat sich nicht an alles gewöhnt. Dabei lebt er seit 30 Jahren hier – eine verbrauchte Liebe, die Scheidung in der Schweiz wollte er vergessen.
Gebrauchte Kleidung war sein erstes Geschäft. Bis eine neue Liebe kam, die Hochzeit – und die Erkenntnis, dass gelernte Köche wie er mehr Erfolg haben könnten als ungelernte Kleiderverkäufer. Köche, die wissen, dass Essen mehr ist als satt werden.
Der rumänische Gast
«Der rumänische Gast unterscheidet sich vom Schweizer Gast. Ersterer wartet, sitzt auch bei minus zehn Grad draussen. Bloss um dazusitzen und zu zeigen, dass er es sich erlauben kann», sagt der Mann, der hier mit Siegelring, Original Krummer und schickem Filzhut draussen aufs Essen wartet.
Im «Mica Elvetie», der «Kleinen Schweiz», Hausmanns Restaurant gleich um die Ecke, musste man nicht lange warten. Wer im Internet «beste Beizen in Bukarest» suchte, kam schnell auf die «Kleine Schweiz».
Erste Adresse geschlossen
«Mein Lokal war von 12 bis 24 Uhr voll, vorausgesetzt, dass ich selbst anwesend war», erzählt Hausmann. Mit dem Chef plaudern, das zählt in Rumänien. 21 Jahre lang sassen die Wichtigen des Landes an seinen Tischen, dem Staatspräsidenten brutzelte er ein Spiegelei.
Aber wichtig zu sein, habe bei ihm nicht gereicht, so Hausmann. Man musste sich benehmen, und seinen Stammtisch durfte nur, wer Schweizerdeutsch sprach. Vielleicht war es sein Schweizerdeutsch gefärbtes Rumänisch, das Hausmann bald auch zum Fernsehkoch machte.
Und dann war der Chef öfter im Fernsehen als in der «Kleinen Schweiz». Verlor irgendwann die Lust am Hin und Her, am Stress. Nach 21 Jahren hat er sein Restaurant geschlossen.
Er richtet jetzt das Essen an für eine Fluggesellschaft und holt hungrige Neugierige zu sich nach Hause für kulinarische Wochenenden, in Siebenbürgen, weit weg von Bukarest. Und mit Sicht vom Haus aufs Dracula-Schloss.
Jakob Hausmann liebt sein Rumänien. «Man kann 365 Tage Ferien machen und entdeckt immer wieder Neues. Es ist ein wildes Land. Mit dem Risiko, dass plötzlich ein Bär vor der Hütte steht – wie kürzlich bei uns.»
Die Korruption
Natürlich gibt es auch Unerwünschtes. Zum Beispiel, dass die guten Köchinnen und Kellner fast alle nach Westen verschwinden. In Gegenrichtung funktioniere das nicht, sagt Hausmann. Er habe immer anständig bezahlt: 2000 Franken für einen Koch – das ist tatsächlich ein guter Lohn in Rumänien.
Und dann sind da die Bürokratie und die Korruption. Der Schweizer hat sie erlebt und nur mithilfe seiner Frau überstanden, wie er sagt. Um ein Restaurant zu eröffnen, braucht es nämlich 48 Bewilligungen. Dazu kommen 48 Kontrollen. Die «Kontrolleure» hätten aber bloss etwas abgeholt: «Das obligate Couvert, eine Stange Zigarren und einen Whisky. Nach dem Essen sind sie gleich gegangen.»
Verbesserung in der Gastrobranche
Das gebe es heute nicht mehr, denn diese Art von Korruption werde mittlerweile vom Staat bestraft, sagt Hausmann. Und auch sonst gebe es durchaus Erfreuliches: «Mit Mist kann man heute in Rumänien kein Restaurant mehr eröffnen, man muss liefern.» Jetzt müssen wir aufhören, denn die Rippchen sind endlich da.