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Schwiegersohn wird Berater «Jared Kushner könnte Trump domestizieren»

Trump macht seinen Schwiegersohn Jared Kushner zu einem seiner engsten Berater. Er wird viel Einfluss haben, sagt Politologe Stephan Bierling. Der neue Präsident schätzt seine unbedingte Loyalität.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ob die Ernennung Kushners zum politischen Berater juristisch korrekt ist, ist noch nicht klar. Es gibt ein Gesetz aus dem Jahr 1967, das Präsidenten verbietet, Familienangehörige ins Kabinett zu nehmen.
  • Jared Kushner stehe bedingungslos hinter Donald Trump, sagt der Politologe Stephan Bierling. Er könnte versuchen, seinen Schwiegervater etwas zu bändigen.

SRF News: Ist es juristisch überhaupt möglich, dass der Schwiegersohn des Präsidenten ein derartiges Amt bekommt?

Stephan Bierling

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Porträtaufnahme von Professor Stephan Bierling
Legende: ZVG

Der deutsche Politikwissenschafter ist Professor für internationale Politik und transatlantische Beziehungen an der Universität Regensburg. Die Innen-, Aussen- und Wirtschaftspolitik der USA ist sein Spezialgebiet.

Stephan Bierling: Das ist die offene Frage. In der Tat existiert seit 1967 eine gesetzliche Bestimmung, die es dem Präsidenten verbietet, Familienangehörige ins Kabinett oder in hohe politische Ämter zu berufen. Die Frage ist nun, ob eine unbezahlte Stelle als Chefberater auch darunterfällt. Es gibt einen Präzedenzfall. Bill Clinton hat Anfang der 90er-Jahre seine Frau zur Chefin einer Kommission für die Krankenversicherung gemacht.

In den USA ist es Tradition, dass jemand, der sich im Wahlkampf verdient gemacht hat, als Berater eingesetzt wird.

Politisch hat die Sache durchaus etwas für sich. Man muss sich bewusst sein, dass Donald Trump kein politischer Profi ist, er hat nie ein politisches Amt gehabt. Er hat nie einen Stab aufgebaut wie ein Gouverneur, der ins Weisse Haus zieht. Seine einzige Erfahrung ist im Grunde, ein grosses Immobilienunternehmen zu leiten und sich selbst als TV-Star zu vermarkten. Auch in dieser Funktion hat er sich stark auf seine Familie verlassen.

Was sind die Argumente die aus Trumps Sicht für Kushner sprechen?

Es die unbedingte Loyalität. Trump ist ein immenser Selbstdarsteller und Selbstvermarkter. Er wird keine Machtzentren im Kabinett oder woanders tolerieren, wenn sie ihm gefährlich werden könnten. Das sieht man schon bei der Ernennung seines Kabinetts. Er hat ein paar Milliardäre, die er aus seinem Milliardärsclub kennt, er hat ein paar Generäle und ein paar abgehalfterte Politiker geholt. Niemand aus der Gruppe kann ihm wirklich gefährlich werden.

Trump ist ein Mensch ohne Selbstbeherrschung, ohne Selbstreflexion, der auch mit seinen Mitarbeitern rüde umgeht.

Welchen Einfluss wird Kushner im Weissen Haus haben?

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Sein Einfluss wird ganz zentral sein. Da ist Steve Bannon, ein rechtskonservativer Agitator, der wird eher die Langfristplanung machen. Stabsschef Reince Priebus hat Erfahrung in Washington, er ist sozusagen der Mann fürs Tagesgeschäft. Ich kann mir gut vorstellen, dass Jared Kushner als wichtigster Berater fungieren wird. Er wird vor allem die politischen Entscheidungen von Trump beeinflussen. Ein Beispiel dafür ist die UN-Resolution, die den israelischen Siedlungsbau in den besetzten Gebieten verurteilt hat. Die USA unter Obama haben sich enthalten. Das wurde mit einigen Twitternachrichten von Trump massiv kritisiert. Dahinter stand Kushner, der sehr loyal zu Israel steht.

Gibt es auch positive Reaktionen auf diese Ernennung?

Ja. Wir müssen uns die Persönlichkeit von Trump vor Augen führen. Er ist ein Mensch ohne Selbstbeherrschung, ohne Selbstreflexion, der auch mit seinen Mitarbeitern rüde umgeht. Es kann sein, dass Kushner versuchen wird, die wirrsten und wütendsten Instinkte seines Schwiegervaters zu domestizieren, zu zivilisieren. Das könnte insgesamt für die amerikanische Politik nur gut sein.

Wie stehen Sie zu der Ernennung Kushners?

Ich bin skeptisch. Er verfügt nicht über politische Erfahrung, er hat auch kaum politisches Vorwissen. Er fällt – genauso wie Trump – in die Kategorie von Leuten, die exzellent ausgebildet, aber dadurch auch etwas arrogant sind. Sie trauen sich zu, alle politischen Probleme in kürzester Zeit zu durchdringen. Trump hat mal gesagt, mit der ganzen nuklearen Abschreckungsdoktrin müsse man sich nur 90 Minuten auseinandersetzen, dann verstehe man sie schon. Das ist ein Ansatz in der Politik, der mir Angst und Bange macht.

Das Gespräch führte Salvador Atasoy.

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