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Seilbahnunglück in Norditalien Gondelabsturz: Notbremse war offenbar bewusst deaktiviert

  • Die Staatsanwaltschaft hat den Inhaber, den Direktor und den operativen Leiter der Betreiberfirma der Unglücks-Seilbahn in Stresa nach intensiven Befragungen vorläufig festgenommen.
  • Mindestens eine der Notbremsen, welche die Seilbahn bei einem Riss des Zugseils auf dem Tragseil blockieren sollten, war offenbar durch eine Metallgabel blockiert und konnte so nicht aktiviert werden.
  • Gemäss Staatsanwaltschaft haben die Festgenommenen gewusst, dass die Seilbahn ohne funktionierende Notbremsen unterwegs war.
  • Nun wird wegen mit Verdacht auf fahrlässige Tötung ermittelt.

Auf Detailaufnahmen der Bremsen der Unglücksgondel ist nach Angaben von Experten zu sehen, dass zumindest eine Bremse durch eine spezielle Metallgabel gesichert war. Diese Metallgabeln werden beispielsweise bei Wartungsarbeiten eingesetzt, um die Bremsen der Seilbahn zu deaktivieren.

Mit eingesetzter Metallgabel können die Bremsen im Notfall nicht aktiv werden. Nach ersten Erkenntnissen riss an der Unglücks-Seilbahn das Zugseil, die Gondel wurde auf dem Tragseil nicht wie vorgesehen durch die Notbremsen blockiert, raste talwärts und stürzte ab.

Streckenänderung beim Giro d'Italia

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Nach dem Seilbahnunglück am Lago Maggiore hat die Rennleitung des Giro d'Italia aus Respekt vor den 14 Todesopfern die Streckenführung geändert. Die drittletzte Etappe am kommenden Freitag wird nun nicht mehr wie zunächst geplant über die Spitze des Mottarone-Bergs führen, wo die Gondel am Sonntag abgestürzt war. Das teilten die Veranstalter am Dienstag mit.

Das Teilstück wird um zehn Kilometer gekürzt und damit über 166 km von Abbiategrasso nach Alpe di Mera führen. Der Abschnitt am Monte Mottarone wird durch den weit weniger anspruchsvollen Anstieg Alpe Agogna ersetzt. Der italienische Verkehrsminister Enrico Giovannini hatte nach dem Unglück die Änderung der Etappe gefordert.

Starke Indizien für bewusste Manipulation der Notbremsen

Für die Staatsanwaltschaft ergibt sich nach den Befragungen von Mitarbeitern und Verantwortlichen der Betreiberfirma Ferrovie del Mottarone «ein starkes Indizienbild», dass an der «abgestürzten Kabine das Notbremssystem manipuliert wurde». Sie hat Ermittlungen unter anderem wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung eingeleitet.

Es gebe eine Aussage, wonach eine Vorrichtung deaktiviert wurde, um eine Störung zu vermeiden, sagte ein Carabiniere im italienischen Fernsehen. Die habe dann dafür gesorgt, dass die Notbremse nicht griff.

Die Störung hätte dem Polizisten zufolge sonst zu einem langsamen Ablauf geführt. «Man wollte die Seilbahn in Betrieb halten, auch als sich das Problem offenbarte.» So sei die Notbremse gesperrt gewesen, damit weiter Menschen transportiert werden konnten.

Den Verhafteten droht Gefängnis

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Die drei Verhafteten werden nun dem Haftrichter vorgeführt. Dieser entscheide, ob sie in Haft bleiben oder in Hausarrest gesetzt werden, sagt Dominik Straub, Journalist in Rom. «Die Staatsanwältin sagte, dass auf jeden Fall wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung ermittelt wird. Sie erwägt zudem ein Strafverfahren wegen absichtlicher Entfernung von Sicherheitsvorkehrungen», so Straub. Für den zweiten Straftatbestand sehe das italienische Recht Strafen von bis zu zehn Jahren Gefängnis vor.

Demnach wurde die Gabel, welche die Bremsbacken der Notbremse auseinanderhielt, bewusst eingesetzt, um «eine Blockade der Seilbahn zu vermeiden», da es seit der Wiederaufnahme des Betriebs zu Fehlfunktionen der Notbremse gekommen war.

Die Seilbahn von Mottarone «war mehrere Tage auf diese Weise unterwegs und hat mehrere Fahrten gemacht», präzisierte Staatsanwältin Olimpia Bossi. Es habe auch technische Eingriffe gegeben, einen etwa am 3. Mai, aber die Probleme konnten nicht behoben werden. So wurde «im Glauben, dass ein Kabelbruch niemals auftreten könne, das Risiko eingegangen, das dann leider zu diesem fatalen Unglück führte».

Seile an Seilbahnen – europaweit einheitlich geregelt

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  • Die Vorschriften für Seilbahnen entsprechen einer europäischen Norm.
  • Für die Schweiz und Italien gelten die gleichen Regeln.
  • In der Schweiz gilt die Seilverordnung , welche sich auf das Seilbahngesetz stützt. Darin sind etwa der Aufbau des Seils, sowie der Transport und die Montage klar geregelt.
  • Auch die Kontrollen während dem Betrieb sind hier festgehalten.

Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen, die Befunde würden nun von Technikern überprüft. Es gebe aber starke Indizien, dass die Verhafteten aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht die Möglichkeit hatten, einzugreifen, und es nach aktuellem Stand der Ermittlungen nicht taten.

13 Menschen – Italiener und eine israelische Familie – starben am Sonntag noch an der Unfallstelle. Zwei schwer verletzte Kinder wurden per Rettungshelikopter in eine Klinik in Turin geflogen, wobei eines noch am Abend starb. Nur ein kleiner Junge, der bei dem Unglück seine Eltern verlor, überlebte.

SRF4 News, 26.05.2021, 08.00 Uhr ; 

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