Erst vergangene Woche hat das thailändische Verfassungsgericht Premierministerin Paetongtarn Shinawatra abgesetzt. Zum Verhängnis wurde ihr ein geleaktes Telefonat mit dem ehemaligen kambodschanischen Herrscher.
Nun überschlagen sich die Ereignisse: Ihr Vater Thaksin hat das Land verlassen – kurz vor einem Gerichtsurteil, in welchem dem mächtigen Strippenzieher der thailändischen Politik eine Haftstrafe drohte.
Privatjet mit plötzlicher Kursänderung
Zunächst teilte der ehemalige Regierungschef mit, er wolle sich in Singapur einer medizinischen Behandlung unterziehen. Dann aber änderte das Flugzeug seinen Kurs und flog Richtung Dubai, wie Medien mit Flugtracker-Daten nachverfolgten.
Auf X postete Thaksin später, die thailändischen Migrationsbehörden hätten seine Ausreise stundenlang verzögert. Eine Landung in Singapur sei nicht mehr möglich gewesen, der Flughafen sei bereits für die Nacht geschlossen worden. Deswegen sei die Maschine weiter nach Dubai geflogen. Er plane aber, rechtzeitig für den Gerichtsprozess vom kommenden Dienstag zurückzukehren.
Ist Thaksin in Wahrheit geflohen?
«Angesichts der drohenden Haftstrafe muss man sich schon fragen, ob das alles nur Zufall ist», berichtet SRF-Korrespondent Martin Aldrovandi aus Bangkok. Nicht nur wegen des Gerichtsprozesses, sondern wegen des insgesamt starken politischen Drucks auf den Shinawatra-Clan würden viele von einer Flucht ausgehen.
Pikant: Thaksin hatte sich bereits 2008 ins Exil begeben. Schon damals entzog er sich einem Gerichtsurteil wegen Korruptionsvorwürfen und Machtmissbrauchs. 2023 kehrte er nach Thailand zurück, um eine achtjährige Haftstrafe anzutreten. Diese wurde schliesslich von König Maha Vajiralongkorn auf ein Jahr verkürzt – nach sechs Monaten wurde Thaksin auf Bewährung freigelassen.
Ob die Entwicklungen das Ende des Shinawatra-Clans einleiten, ist offen. Klar ist für Aldrovandi aber, dass dessen Macht zunehmend bröckelt. Mehrere Regierungschefs, die direkt der Familie entstammten oder von ihr unterstützt wurden, wurden in den letzten Jahren abgesetzt.
Für viele Menschen in Thailand sind die ständigen Machtkämpfe extrem frustrierend.
Thaksins mögliche Flucht ist der neuste Akt eines Polittheaters, das sich seit Jahren in Thailand abspielt. «Für viele Menschen hier sind die ständigen Machtkämpfe extrem frustrierend», sagt Aldrovandi. «Die vielen Regierungswechsel haben das Vertrauen in die Politik stark beschädigt.»
Der Shinawatra-Clan setzte in der Vergangenheit selbst alle Hebel in Bewegung, um die politische Konkurrenz von der Macht fernzuhalten. Auf Allianzen mit dem Establishment folgten Verbote und Änderungen des Parteinamens. Viele Menschen im Land würden all das nur noch als Machtspiele im eigenen statt im Interesse des Landes betrachten, schliesst der Korrespondent.