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Sommerferien Im Balkan boomt der Tourismus – er bringt aber nicht nur Freude

Mit den letzten Augusttagen neigt sich auch die Sommerferienzeit dem Ende zu. In vielen Ländern Osteuropas ist die Sommersaison für den Tourismus die wichtigste Zeit im Jahr – auch für die Balkanstaaten. Bei ihnen waren in diesem Jahr nach der Coronazeit die Erwartungen besonders hoch. SRF-Auslandredaktor und Balkanexperte Janis Fahrländer mit den Einzelheiten.

Janis Fahrländer

Auslandredaktor Radio SRF

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Janis Fahrländer ist Redaktor in der Auslandredaktion von Radio SRF. Dort ist er zuständig für die Berichterstattung über die Balkanstaaten.

Wie fällt die Bilanz aus?

Sie fällt in der ganzen Region gut bis sogar sehr gut aus. Ausnahmslos alle Länder verzeichnen ein Wachstum – nicht nur im Vergleich zum letzten Jahr, das ja wegen Corona noch eingeschränkt war, sondern auch im Vergleich zum pandemiefreien Jahr 2019. Auffällig ist, dass auch weniger klassische Destinationen wie Bosnien oder Nordmazedonien einen Zuwachs verzeichnen konnten. Am stärksten ist die Zunahme allerdings in Albanien. Dort vermeldet das nationale Statistikinstitut eine Zunahme von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr – mehr noch als 2019.

Was sind die Gründe für die starke Zunahme in Albanien?

Es gibt dafür verschiedene Gründe. In den letzten Jahren wurde viel in die Infrastruktur und ins Marketing investiert, was sich auszuzahlen scheint. Denn Albanien galt lange als Geheimtipp und hat sich geschickt als unentdeckte Perle am Mittelmeer positioniert. Die Zeiten des Geheimtipps scheinen aber definitiv vorbei zu sein. Zudem ist das Land im Vergleich zu anderen Destinationen weiterhin relativ günstig.

Bringt der Tourismusschub auch Probleme mit sich?

Albanien ist trotz der besonders grossen Zunahme immer noch nicht so sehr vom Massentourismus betroffen wie klassische Feriendestinationen in der Region wie Kroatien. Dennoch kommt Albanien bereits jetzt langsam an den Anschlag, weil die Infrastruktur nicht oder noch nicht auf Massentourismus ausgelegt ist. Trotz erheblicher Baubemühungen gibt es immer wieder Probleme bei der Energieversorgung. Ausserdem kämpft das Land mit einem Mangel an Arbeitskräften, weil viele Menschen abwandern – ein Problem, das auch andere Länder dieser Region kennen.

Wie fällt die Bilanz in Kroatien aus?

Betrachtet man die nackten Zahlen, so fällt die Bilanz für Kroatien als Tourismusdestination des Balkans schlechthin erwartungsgemäss sehr gut aus. Das Land konnte im Vergleich zu 2019 nochmals mehr Gäste anlocken. Und das, obwohl man sich ja bereits auf einem sehr hohen Niveau befindet. Man ist in Kroatien von einem Rekordjahr ausgegangen. Denn das Land ist seit dem 1. Januar Teil der Euro- und Schengenzone. Nervige Staus an der Grenze mit Slowenien und das Rechnen mit Währungen gehören der Vergangenheit an.

Gibt es trotz Zunahme auch Misstöne?

Ja, denn es fehlen Arbeitskräfte. Das Land deckte bisher seinen Bedarf an Arbeitskräften durch Saisonarbeiter und -arbeiterinnen aus den anliegenden Ländern wie Serbien und Bosnien. Doch viele klagen, dass es immer schwieriger werde, genügend gute Leute zu finden. Inzwischen kommen viele Arbeitskräfte zum Beispiel von weiter weg aus Nepal oder Brasilien. Aber auch in der lokalen Bevölkerung werden Misstöne laut. Die immer steigenden Massen beeinträchtigen den Alltag der Menschen über die Sommermonate massiv. Zudem kamen dieses Jahr noch massive Preissteigerungen hinzu, die bei Touristinnen und Touristen, aber auch bei der lokalen Bevölkerung für Unmut gesorgt haben.

SRF 4 News, 28.8.2023, 6:45 Uhr ; 

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