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Sondierungsgespräche in Zypern «Die griechische Seite fühlt sich in einer guten Position»

Im geteilten Land steht ein neuer Anlauf zur Wiedervereinigung an. Journalist Thomas Seibert zweifelt am Erfolg des Gesprächs.

Sondierungsgespräch im August: Zyperns Präsident Nikos Anastasiades und und Griechenlands Regierungschef Kyriakos Mitsotakis wollen eine Friedenslösung auf der Insel. Am 9. August soll sich Anastasiades mit dem nordzyprischen Präsidenten Mustafa Akinci in der zyprischen Hauptstadt Nikosia treffen. «Die griechische Seite fühlt sich in einer guten Position», sagt Journalist Thomas Seibert. «Im Streit mit der Türkei um die Ausbeutung von Erdgasvorräten kann sie auf grosse Unterstützung der EU zählen.»

Die türkische Regierung beansprucht aber grosse Teile des Meeres vor Zypern für sich. Sie verurteilt die Entscheidung Zyperns, die Erdgasvorräte ausbeuten zu wollen, noch bevor eine Wiedervereinigung der Insel gelungen ist. «Damit würden die Rechte der türkischen Zyprer verletzt, argumentiert die türkische Regierung. Man verlangt ein Ende dieser Bohrungen, was für Zypern nicht in Frage kommt. Die Lage ist also schwierig», sagt Seibert.

Die grossen Konfliktpunkte: Die türkische Seite besteht auf weitgehenden Selbstbestimmungsrechten, obwohl die Türken auf der Insel klar in der Minderheit sind. Hier bräuchte es von griechischer Seite Zugeständnisse. Die Türken andererseits müssten sich in der schwierigen Frage der türkischen Truppenpräsenz auf der Insel bewegen, meint Seibert. «Es ist für die türkische Regierung innenpolitisch sehr schwierig, Zugeständnisse zu machen. In der Türkei herrscht die Meinung vor, man müsse die türkischen Zyprer schützen», so der in Istanbul lebende Journalist.

Zweifel am Erfolg der Gespräche: Im Sondierungsgespräch sollen beide Seiten erkunden, auf welchen Gebieten man sich annähern kann und wo die grössten Widerstände lauern. «Wenn es aber um substanzielle Fortschritte in diesem uralten Streit geht, gibt es keine Hinweise auf grossartige Bewegungen auf der einen oder anderen Seite», so Seibert. Sondierung sei natürlich gut, aber es gebe erhebliche Zweifel am Erfolg der Gespräche.

Karte von Zypern
Legende: Zypern ist seit 1974 geteilt. Die Türkei hat als einziges Land den von ihr besetzten Norden als unabhängige Republik Nordzypern anerkannt. SRF

Türkische Zyprer wollen Wiedervereinigung: Der nordzyprische Präsident Akinci ist bekennender Anhänger der Wiedervereinigung, er hat auch ein Mandat seiner Bevölkerung – auch diese will ein Ende der Teilung. Der Spielraum der türkischen Zyprer sei aber eng begrenzt: «Ihr Gebiet hängt finanziell am Tropf der Türkei», sagt Seibert. Dazu kommen die zehntausenden türkischen Soldaten auf Zypern.

Türkische Regierung wehrt sich: Ankara argumentiert, man habe alles getan, um eine Wiedervereinigung zu ermöglichen. 2004 legte die UNO einen Friedensplan für die Insel vor, der von beiden Bevölkerungsgruppen in einer Volksabstimmung gutgeheissen werden musste. «Die türkischen Zyprer haben dem Plan zugestimmt, die griechischen Zyprer haben ihn abgelehnt; wurden aus türkischer Sicht dann aber trotzdem kurz darauf mit der EU-Mitgliedschaft belohnt», sagt Seibert.

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