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Kommt Deutschland doch noch zum Bürgergeld?
Aus SRF 4 News aktuell vom 15.11.2022. Bild: Imago/Symbolbild
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Sozialreform in Deutschland Wie weiter mit dem Bürgergeld in Deutschland?

Die Ablösung von Hartz IV verzögert sich. Wie das vorerst abgelehnte Bürgergeld nach dem Kompromiss aussieht, ist offen.

Stand der Sozialreform: Bereits ab Januar 2022 sollte das neue Bürgergeld in Deutschland die 2005 eingeführte Hartz-IV-Arbeitslosenrente ablösen. Doch am Montag stoppte der Bundesrat (Länderkammer) die heiss umstrittene Sozialreform vorerst, die der Bundestag Tage zuvor genehmigt hatte. Ein Vermittlungsausschuss aus beiden Kammern sucht nun den Kompromiss. Dann kommt die Vorlage erneut vor Bundestag und Länderkammer. Diese müssten bis Ende November zustimmen, damit die Ampelkoalition das Bürgergeld noch wie geplant im Januar einführen könnte.

SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil gebe sich zwar optimistisch, doch der Regierung werde womöglich viel abverlangt werden, schätzt SRF-Deutschland-Korrespondentin Simone Fatzer ein: «Die Frage ist, welchen Preis die Regierung mit SPD für diese ihre Reform zu zahlen bereit ist.» Gleichzeitig sei eine politische Blockade fast nicht vorstellbar in dieser schwierigen Zeit, wo viele Menschen das Geld sehr nötig hätten.

Darum ist das Bürgergeld vorerst gescheitert: Die konservative Opposition aus CDU und CSU vermisst in der aktuellen Ausgestaltung ausreichende Anreize, sich einen Job zu suchen. Es sei vielmehr eine Einladung, gar nicht mehr arbeiten zu gehen, eine «soziale Hängematte», so die Kritik. Und das sei unfair gegenüber jenen, die jeden Tag für einen tiefen Lohn zur Arbeit gehen würden.

Das will das neue Bürgergeld: Unbestritten ist beim neuen Bürgergeld die Erhöhung des Arbeitslosengeldes von 449 auf 502 Euro. Doch die Reform von Hartz IV will Sozialhilfebezügerinnen und -bezüger allgemein weniger hart mit Sanktionen unter Druck setzen. Dazu gehören mildere Auflagen bezüglich Jobsuche im ersten halben Bezugsjahr beziehungsweise weniger Kürzungen. Zugleich wird ihnen während zweier Jahre ein grosszügiges sogenanntes Schonvermögen von bis zu 60'000 Euro zugestanden. Es kann sich im Extremfall pro Familie bis auf 150'000 Euro summieren – plus Wohnung.

Hartz IV.
Legende: Der Bundestag hatte am 10. November 2022 für die Einführung des Bürgergelds gestimmt. Wenige Tage darauf stellt sich der Bundesrat quer. Die Ablösung der Leistungen von Hartz IV bleibt damit in der Schwebe. imago images

Schliesslich gibt es auch Geld für Weiterbildung – die Leute sollen sich besser qualifizieren können und nicht möglichst rasch wieder in den Arbeitsmarkt gezwungen werden. Also weg vom Hartz-IV-Prinzip «Fördern und Fordern» hin zu «mehr Vertrauen», wie die Regierung aus SPD, Grünen und FDP es anpreist.

Darum ist das Bürgergeld für die SPD so wichtig: Die Sozialreform ist ein zentrales Vorhaben der Regierung in dieser Legislatur. 2005 hatte die SPD unter der rot-grünen Regierung von Kanzler Gerhard Schröder nach Jahren des Stillstands die grösste Arbeitsmarkt- und Sozialreform mit Hartz IV durchgesetzt. Im Kampf gegen die damalige Massenarbeitslosigkeit von 13 Prozent sollten möglichst viele Menschen rasch in Jobs gebracht werden. Dies gelang zum Preis, dass der Niedriglohnsektor sehr stark wuchs. Viele können von einem einzigen Job nicht leben und fallen nach einem ganzen Arbeitsleben trotzdem in die Sozialhilfe. Damit wurde Hartz IV sozusagen zum Synonym für soziale Kälte und belastet die SPD stark, die eigentlich für soziale Gerechtigkeit einstehen will. «Es ist wie ein Trauma, und die Reform soll Hartz IV vergessen machen», erklärt Fatzer.

SRF 4 News aktuell, 15.11.2022, 07:45 Uhr;

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