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Spionagesoftware «Pegasus» Israels Polizei soll eigene Bevölkerung unerlaubt abgehört haben

Die israelische Polizei soll die umstrittene Spionagesoftware «Pegasus» bei hunderten Untersuchungen eingesetzt haben.

Worum geht es? Die israelische Polizei soll ohne gerichtliche Erlaubnis Menschen in Israel abgehört haben. Sie hat dafür das umstrittene Computerspionageprogramm «Pegasus» eingesetzt. Die Software stammt aus dem Land. Die Polizei hat sich damit ohne deren Wissen Zugriff auf Daten Dritter verschafft. Erste Vorwürfe zur Verwendung der Software der israelischen NSO-Group auch innerhalb Israels waren bereits im Januar durch die Zeitung «Calcalist» bekannt geworden.

Männer in Indien demonstrieren lauthals gegen die Spionage durch «Pegasus».
Legende: Schon letztes Jahr wurde bekannt, dass die Software in verschiedenen Ländern zur Spionage eingesetzt wurde. Jüngst in Indien. Reuters

Wer ist betroffen? Man habe mehrere Vertreter des öffentlichen Lebens abgehört. Nicht nur Regierungskritiker, sondern auch Politiker, Bürgermeister, Journalistinnen, Aktivisten bei Protesten und Zeuginnen im Prozess gegen den ehemaligen Premierminister Netanjahu seien ausgeschnüffelt worden. Auch ein Sohn von Ex-Regierungschef Netanyahu sei mit auf der Liste.

Was kann die Spionagesoftware? «Pegasus» sei ein sehr ausgefeiltes Computerprogramm, sagt die freie Journalistin Gisela Dach vor Ort. «Es handelt sich um Spyware, also Spionagesoftware, die ohne Wissen der Besitzer in Handys implantiert werden kann. Entweder durch Phishingmails oder andere Methoden.» Die Telefone seien gehackt und somit der Zugang zu den Daten verschafft worden. Auch die Kamera lasse sich aus der Distanz aktivieren.

Positive Darstellung von «Pegasus»

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Die Erfinder von «Pegasus» stellten das Programm lange als etwas Gutes dar. «Sie sagten, das sei gut für die Bekämpfung von Kriminalität und Terror. Selbst bei Covid gab es am Anfang Überlegungen der Regierung, die Software vielleicht einzusetzen», erklärt Gisela Dach. Darauf habe man dann aber verzichtet.

Was war der Zweck der Spionage? Man habe wohl Beweise vorlegen und damit Untersuchungen voranbringen wollen, so Dachs. «Was genau die Polizisten bewogen hat, sich über die Grundregeln hinwegzusetzen, wird man jetzt erforschen müssen. Manche sagen, dass die älteren Kollegen gar nicht genau gewusst haben, was das Programm genau macht.» Man habe sich auf den Rat jüngerer Kollegen verlassen. «Andere sagen, man wollte in der Polizeihierarchie Punkte sammeln, um Beweise vorlegen zu können.»

Ein israelischer Polizist steht mit verschränkten Armen hinter einem Absperrband der Polizei.
Legende: Die israelische Polizei hat sich laut Gisela Dachs massiv über Grundregeln des demokratischen Spiels hinweggesetzt. Keystone/Symbolbild

Welche Folgen hat der Abhörskandal? Zunächst müsse eine staatliche, hoch angesetzte Untersuchungskommission eingesetzt werden, sagt die freie Journalistin in Israel. Es gehe auch um den Ruf der Polizei und die Frage, wer die Ordnungshüter checkt. Eine Folge könnte auch eine Diskussion um die Regulierung von Spionagesoftware und deren Export sein. Es gehe auch um aussenpolitische und interne Angelegenheiten.

Wenn man der Polizei nicht mehr trauen kann, dann erschüttert das einige Grundfeste.
Autor: Gisela Dachs Freie Journalistin, Israel

Wie sind die Reaktionen in Israel? Es sei ein Riesenaufruhr, berichtet Journalistin Gisela Dachs. In den Medien gebe es kaum mehr ein anderes Thema. Die Innenministerin habe am Montag gar von Stasi-Methoden gesprochen. «Bei der Bevölkerung ist das Vertrauen erschüttert.» Die bereits bestehende Vertrauenskrise im Hinblick auf die Institutionen des Landes sei verstärkt worden. «Wenn man der Polizei nicht mehr trauen kann, dann erschüttert das einige Grundfeste.»

SRF 4 News, 08.02.2022, 10:17 Uhr ; 

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