«Market Pass», «Fuel Pass» oder «Power Pass»: So heissen die griechischen Finanzhilfen. «Mit dem ‹Market Pass› kannst du Lebensmittel kaufen», sagt Ioannis. «Mir wurden pro Monat knapp 45 Euro bewilligt für mich und meine zwei Kinder.»
Mithilfe einer speziellen App hat der 49-jährige Büroangestellte Zugang zu einer digitalen Debitkarte, mit der er im Supermarkt bezahlen kann.
Für den «Market Pass» müsse man einfach sein Steuerpasswort eingeben und das System sehe anhand der Steuererklärung sofort, ob man Anspruch auf die Hilfe habe, erklärt Ioannis das einfache System.
Millionen Haushalte erhalten Hilfe
Mehr als zwei Millionen Haushalte haben die Hilfe für Lebensmittel beantragt und erhalten. Je nach Anzahl der im Haushalt lebenden Personen gibt es so zwischen 22 und 100 Euro monatlich.
Das Geld kommt von der Versteuerung der Übergewinne der Raffinerien.
Für den bisherigen Premierminister Kiriakos Mitsotakis ist es eine Massnahme, um den Bürgern in Zeiten hoher Inflation unter die Arme zu greifen.
Deswegen will er in der kommenden Legislaturperiode an den Hilfen festhalten, auch wenn sie eigentlich Ende Juli auslaufen würden. Zwar sinke die Inflation, doch die Preise seien nach wie vor hoch, stellte Mitsotakis fest.
Dank des «Market Passes» könnten die unterstützten Haushalte rund zehn Prozent ihrer Einkäufe im Supermarkt bezahlen. «Das Geld kommt übrigens von der Versteuerung der Übergewinne der Raffinerien», betont der Wahlsieger vom Wochenende.
Geld reicht bei vielen hinten und vorne nicht
Auch wenn der konservative Mitsotakis die Hilfen als Erfolg feiert – eine Studie des Instituts der kleinen und mittelgrossen griechischen Unternehmen zeichnet ein düsteres Bild. Demnach hätten 60 Prozent der griechischen Haushalte wegen der hohen Energie- und Lebensmittelpreise grosse Schwierigkeiten, über die Runden zu kommen.
Bei mehr als der Hälfte der Haushalte reiche das Geld nur bis zum 18. Tag des Monats. Und: Jeder Zweite Grieche erwartet eine Verschlechterung seiner finanziellen Situation in der Zukunft.
Wieso nicht Mehrwertsteuer senken?
Im Büro des griechischen Netzwerks gegen Armut bespricht Vorstandsmitglied Spyros Psychas mit einer Mitarbeiterin diese Studien. Das Netzwerk ist Mitglied des europäischen Anti-Poverty-Networks.
Der ‹Market Pass› ähnelt den Essensmarken, wie sie etwa in Osteuropa in Zeiten grosser Armut verteilt wurden.
Die Hilfen, die die konservative Regierung vergibt, mache die Griechinnen und Griechen zu Bittstellenden, ohne dass ihre Probleme gelöst würden, sagt Psychas. Es gäbe durchaus andere, effektivere Wege, um die Bevölkerung zu entlasten.
«Der Begriff ‹Market Pass› klingt zwar modern, das Ganze ähnelt aber in Wahrheit den Essensmarken, wie sie etwa in Osteuropa in Zeiten grosser Armut verteilt wurden», sagt Psychas.
Deshalb müssten diese Hilfen von wirklichen Massnahmen gegen die hohen Preise abgelöst werden – etwa, indem die Mehrwertsteuer gesenkt werde – wie in Spanien. Dort wurde die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zunächst reduziert und dann auf null gesenkt.
In Griechenland beträgt die Mehrwertsteuer 24 Prozent, bei Lebensmitteln 13 Prozent – und das in einem Land, in dem viele Menschen weniger als 700 Euro pro Monat verdienen.