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Streik wegen Tarifstreit Der Streik in Grossbritannien hat eine neue Dimension erreicht

  • Schätzungen zufolge legten am Mittwoch eine halbe Million Beschäftigte in mehreren Branchen die Arbeit nieder.
  • 80 Prozent der Schulen sind aufgrund des Streiks der Lehrkräfte geschlossen. Die Unterrichtenden fordern mehr Lohn und kleinere Pensen.
  • In der britischen Öffentlichkeit ist von einem «Winter des Unmuts» die Rede. Sieben Gewerkschaften hatten den nationalen Protesttag koordiniert.

Die Unzufriedenheit ist in allen Branchen enorm. Für die kommenden Tage sind weitere Ausstände angekündigt, am Montag und Dienstag etwa erneut vom Pflegepersonal des Gesundheitsdiensts NHS.

Für zusätzliche Kopfschmerzen der konservativen Regierung von Premierminister Rishi Sunak dürfte sorgen, dass bald auch Feuerwehrleute streiken wollen. Patrik Wülser, SRF-Korrespondent in Grossbritannien, sagt: «Gestreikt wird in Grossbritannien seit Anfang Dezember fast täglich in irgendeiner Branche, aber heute hat die Streikwelle einen neuen Höhepunkt erreicht.»

Inflationsgerechte Anhebung der Löhne gefordert

Die Streikenden eint die Forderung nach einer inflationsgerechten Anhebung ihrer Löhne. Um gut 10 Prozent sind die Verbraucherpreise zuletzt gestiegen, doch das Lohnangebot der Regierung liegt deutlich darunter. Lehrerinnen und Lehrern etwa sollen fünf Prozent mehr erhalten.

Das sei viel zu wenig, schimpfte die zuständige Gewerkschaft NEU. Seit 2010 sei der Reallohn um 23 Prozent gesunken, viele Lehrkräfte würden wegen schlechter Bezahlung aus dem Job ausscheiden.

Ein Schild, auf dem steht: «Ich hätte ein besseres Plakat gemacht, aber  es war kein Geld übrig»»
Legende: «Ich hätte ein besseres Plakat gemacht, aber es war kein Geld übrig»: Gewisse Streikende protestieren mit Galgenhumor gegen die Zustände. Keystone/EPA/NEIL HALL

«Die Regierung hat unser Bildungssystem heruntergewirtschaftet, unsere Schulen unterfinanziert und die Menschen, die dort arbeiten, unterbezahlt», sagte NEU-Co-Chef Kevin Courtney. Schätzungsweise 120'000 Lehrerinnen und Lehrer legten nun in England und Wales für einen Tag die Arbeit nieder. Etwa 23'000 Schulen blieben geschlossen.

«Der Streik der Lehrkräfte hat eine neue Dimension erreicht. Als im Dezember die Züge nicht fuhren, konnte man seine Dienstreisen und Familienausflüge darum herum organisieren, wenn dagegen 80 Prozent der Schulen betroffen sind und die Kinder nicht zur Schule können, und Millionen von Eltern auch zu Hause bleiben müssen, weil sie die Kinder betreuen müssen, dann kann die Stimmung kippen», sagt Wülser.

Streikende Lehrerinnen und Lehrer vor einer Schule in Liverpool.
Legende: Streikende Lehrerinnen und Lehrer vor einer Schule in Liverpool. KEYSTONE / ADAM VAUGHAN

Die Regierung lehnt aber Nachverhandlungen ab. Premier Sunak betonte zwar, seine Tür sei immer offen für Verhandlungen. Das scheint aber nicht für Gehaltsgespräche zu gelten. Der 42-Jährige warnte wiederholt, eine inflationsgerechte Anhebung würde den «Teufelskreis» immer weiter steigender Verbraucherpreise nur antreiben.

Regierung will Streikrecht einschränken

Den Unmut treibt ein umstrittenes Regierungsvorhaben an. Sunak und Wirtschaftsminister Grant Shapps haben die ständigen Arbeitskämpfe seit dem vorigen Sommer satt und wollen per Gesetz das Streikrecht einschränken. Für Polizisten, Feuerwehrleute, NHS-Kräfte oder Bahnpersonal sollen strikte Beschränkungen gelten. Sunak argumentiert, damit solle die Grundversorgung gewährleistet werden.

Gewerkschaften und Opposition kritisieren die Pläne scharf. Das Vorhaben sei «undemokratisch, nicht durchführbar und mit ziemlicher Sicherheit illegal», schimpfte TUC-Generalsekretär Nowak. Streikende Arbeitnehmer müssten fürchten, ihre Jobs zu verlieren. In Umfragen unterstützt eine Mehrheit die Streikenden.

Schuld am Chaos ist für viele die Regierung. «Wenn der Unmut und der Ärger mit den Streiks steigt, werden Sunak und seine Partei im Hinblick auf die Wahlen im Januar tatsächlich zu einem Hypothek», sagt Wülser.

Rendez-vous, 01.02.2023, 12:30 Uhr ; 

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