Zum Inhalt springen

Header

Audio
Grossbritannien droht der «Generalstreik»
Aus Rendez-vous vom 13.12.2022. Bild: AP Photo/Kin Cheung
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 37 Sekunden.
Inhalt

Streikwelle reisst nicht ab Grossbritannien versinkt im Streik-Chaos

Im Vereinigten Königreich ist zurzeit fast täglich ein Streik angesagt. Noch zeigt die Bevölkerung Verständnis.

Alles, was in einem Land im Alltag normalerweise funktioniert, kommt in Grossbritannien in diesen Tagen und Wochen zum Erliegen. Der Adventskalender der Arbeitsniederlegungen, den die BBC täglich verliest, wird immer länger.

Jüngst kündigten die Pflegefachkräfte in Nordirland und das Eisenbahnpersonal an, ihre Arbeit niederzulegen.

Mehrere Personen protestieren in pinke Leuchtwesten gekleidet
Legende: Nur eine der Berufsgruppen, die derzeit für höhere Löhne auf die Strasse gehen: Postangestellte bei einer Demo in London am 9. Dezember. REUTERS/Toby Melville

Weihnachtsgeschenke verschicken oder mit der Bahn über die Festtage die Familie besuchen, könnte dieses Jahr schwierig werden. Verunfallen sollte man auch nicht, denn auch die Ambulanzfahrerinnen und -fahrer wollen streiken. Und in den Ankunftshallen der grossen Flughäfen droht das Chaos, weil über Weihnachten auch die Grenzbeamten ihre Arbeit niederlegen.

Personal kämpft mit steigenden Preisen

Ist diese Bescherung wirklich nötig? Darf man ein ganzes Land in Geiselhaft nehmen, um seine Lohnforderungen durchzusetzen?

Der Streik sei leider unvermeidlich, sagt Gewerkschaftschef Mick Lynch gegenüber dem Sender Sky: «Die aktuelle Lohnpolitik ist eine Geringschätzung der britischen Angestellten. Wir haben eine Inflation von elf Prozent, und die Leute wissen nicht mehr, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen.» Ohne Lohnerhöhungen würden die Leute in die Armut getrieben.

Chronologie des Streik-Dezembers in Grossbritannien

Box aufklappen Box zuklappen
  • Ab Samstag, 18. Dezember beginnt das Überstunden-Verbot der nationalen Eisenbahner-Gewerkschaft.
  • Am 20. Dezember streiken die Sicherheitsangestellten des Eurostars.
  • Am gleichen Tag streiken die Pflegeangestellten in 53 Spitälern in England, Wales und Nordirland.
  • Am 21. Dezember legen einige Tausend Ambulanz-Fahrer ihre Arbeit nieder.
  • Am 22. Dezember streiken die Reinigunskräfte. Am gleichen Tag beginnt der Streik der Grenzbeamten auf den Flughäfen.
  • Am 23. Dezember streikt das Sicherheitspersonal des Eurostars erneut.
  • Die Postangestellten und der Gewerkschaft Kommunikation streiken am 24. Dezember.
  • An diesem Tag beginnt auch der Streik der Eisbahnergewerkschaft, der am 27. Dezember um 18 Uhr endet.

«Wir verlangen nichts anders, als dass die Löhne den steigenden Lebenskosten angepasst werden. Die Aufgabe der Gewerkschaften ist es, Ungerechtigkeiten zu korrigieren und das letzte Mittel dazu ist der Streik», betont Lynch.

Premier Sunak droht mit Streikverbot

Tatsächlich treiben die steigenden Preise für Lebensmittel und Gas immer mehr Leute an die Armutsgrenze. Eine Pflegefachfrau schilderte Radio SRF kürzlich, dass sie mit ihrem Gehalt ihre Familie nicht mehr ernähren könne und auf Lebensmittelspenden angewiesen sei. Eine Mehrheit der Britinnen und Briten hat deshalb im Moment gemäss Umfragen durchaus Verständnis für die Arbeitsniederlegungen.

Trotzdem bewegen sich die Gewerkschaften auf einem schmalen Grat. Wenn sie die Öffentlichkeit zu arg drangsalieren, könnte die Stimmung rasch kippen.

Aufnahme der ausgeschalteten Abfahrtstafel an einem Bahnhof in London
Legende: Wer derzeit mit dem Eurostar zwischen Grossbritannien und dem europäischen Festland verkehren will, steht vor geschlossenen Schaltern (im Bild: London, 13.12.22) REUTERS/Toby Melville

Bereits am Ende mit seiner Geduld ist Premierminister Rishi Sunak. Im Parlament liess er die Gewerkschaften letzte Woche seinen Zorn spüren: «Wenn die Gewerkschaftsführer weiterhin stur bleiben, dann ist es meine Aufgabe als Premierminister, den Alltag der Britinnen und Briten zu schützen.» Seine Regierung erarbeite deshalb einen Gesetzesentwurf, der Streiks in systemrelevanten Unternehmen wie der Bahn oder im Gesundheitsdienst verbieten würde.

Ein solches Gesetz noch dieses Jahr durchs Parlament zu bringen, ist ziemlich illusorisch. Das weiss der Premierminister, aber er muss handeln. Denn wenn Weihnachten im Chaos versinkt, wird die Öffentlichkeit jemanden dafür verantwortlich machen. Wie das Machtspiel zwischen Gewerkschaften und Regierung ausgehen wird, ist zur Stunde noch ziemlich offen. Eine Geduldsprobe für die Bevölkerung wird es auf jeden Fall.

Rendez-vous, 13.12.2022, 12:30 Uhr

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel