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Streit um Nummernschilder «Kosovo hat die Ungleichbehandlung jahrelang akzeptiert»

Ab 1.11. gilt: Alle Autos in Kosovo müssen kosovarische Nummernschilder haben, auch die Autos der mehreren tausend Serbinnen und Serben, die in Kosovo leben. Als die kosovarische Regierung das neue Gesetz im Sommer durchsetzen wollte, ist es an der Grenze zu Tumulten gekommen. Die Regierung hat die Frist darum auf Anfang November verschoben. SRF-Balkankorrespondent Peter Balzli ist vor Ort und beobachtet die Situation.

Peter Balzli

Österreich- und Osteuropa-Korrespondent

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Peter Balzli hat Wirtschaft und Medienwissenschaften in Bern und Berlin studiert. Danach absolvierte er die Ringier-Journalistenschule und begann 1995 beim SRF zu arbeiten. Bevor er zwischen 2001 und 2013 als SRF-Korrespondent aus Paris und London berichtete, arbeitete Balzli 2000 bis 2001 als Delegierter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Seit 2016 ist Peter Balzli Österreich- und Osteuropa-Korrespondent.

SRF News: Wie ist die Situation an der Grenze zurzeit?

Peter Balzli: Bisher ist an der Grenze zwischen Kosovo und Serbien alles ruhig geblieben. Die kosovarische Regierung hat am Sonntag beschlossen, die neuen Regeln an der Grenze nicht auf einen Schlag einzuführen, sondern Schritt für Schritt, um eine Eskalation zu vermeiden. Jetzt werden bis zum 21. November noch keine Bussen gesprochen. Die Autos mit – aus kosovarischer Sicht illegalen – Nummernschildern werden noch durchgelassen, und erst am 21. November gilt es ernst.

Es werden bis Ende Jahr noch keine Bussen für alte Nummernschilder ausgestellt?

Genau. Ab jetzt bekommen alle, die mit einer dieser Autonummern unterwegs sind, eine schriftliche Erklärung mit dem Hinweis, dass sie in Zukunft gebüsst werden. Aber sie werden an der Grenze noch durchgelassen.

Die in Kosovo lebenden ethnischen Serben hatten eine sogenannte parallele Behörde geschaffen, die in Kosovo auf eigene Faust serbische Nummernschilder ausstellte.

Warum streitet man ausgerechnet über Autonummern?

Dieser Streit besteht seit dem Serbien-Kosovo-Krieg vor mehr als 20 Jahren. Auch heute anerkennt Serbien Kosovo nicht als eigenen Staat. Die in Kosovo lebenden ethnischen Serben hatten darum eine sogenannte parallele Behörde geschaffen, die in Kosovo auf eigene Faust serbische Nummernschilder ausstellte. Das wollen die kosovarischen Behörden nicht länger dulden. Sie wenden jetzt das sogenannte Prinzip der Reziprozität an.

In der Vergangenheit haben die kosovarischen Behörden diese serbische parallele Behörde toleriert. Was hat sich geändert?

Kosovo hat diese Ungleichbehandlung jahrelang zähneknirschend akzeptiert. Sie haben den in Kosovo lebenden ethnischen Serben immer wieder schmackhaft gemacht, sich kosovarische Nummernschilder zuzulegen. Aber jene Serben, die das gemacht haben, haben oft grosse Probleme gekriegt. Ihre Landsleute oder ein Teil ihrer Landsleute betitelten sie als Verräter. Ihre Autos wurden kaputtgemacht, es wurden auch Wohnungen geplündert, Einbrüche begangen, usw. Deshalb haben die ethnischen Serben zum grössten Teil keine kosovarischen Nummernschilder angeschafft.

Der Innenminister von Kosovo sagte mir, das Ganze sei ein dummer, ein lächerlicher Streit, der endlich beendet werden müsse.

Und wie hat das genau an der Grenze funktioniert?

Konkret läuft es so, dass seit August bei einem Grenzübertritt das Länderkennzeichen auf dem Nummernschild mit einem Kleber überdeckt wird. Das RKS – Republik Kosovo – wird überklebt und das Auto wird so durchgelassen. Diese Praxis mit dem Abkleben der Wappen finden aber mittlerweile sogar die Behörden selber lächerlich. Ich hatte ein Gespräch mit dem Innenminister von Kosovo und er sagte mir, das Ganze sei ein dummer, ein lächerlicher Streit, der endlich beendet werden müsse.

Ein Mann überklebt das Länderkennzeichen seines Autos
Legende: Bis anhin musste das Länderkennzeichen bestimmter Autonummern überklebt werden. REUTERS/Ognen Teofilovski

Wie geht es weiter in dem Streit um die Autonummern?

Vielleicht ist dies das Ende des Streits. Möglicherweise verschieben sich die Unruhen auch einfach bis in den Dezember oder in den April. Bisher wurde die Frist ja schon mehrere Male verlängert und verschoben. Aber das Problem bleibt eigentlich dasselbe. Vielleicht geht diese Strategie der kosovarischen Behörden mit der schrittweisen Einführung auf. Das wird sich zeigen.

Das Gespräch führte Nicolas Malzacher.

SRF 4 News, 01.11.2022, 06:20 Uhr ; 

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