Darum geht es:
«Sato» ist der häufigste Familienname in Japan. 1.5 Prozent der Japaner heissen so. Professor Yoshida von der Universität Tohoku hat berechnet, dass die Zahl der Leute mit dem Namen «Sato» zuletzt durch Heiraten um einen kleinen Faktor – nämlich 1.0038 – zugenommen hat. Wenn man das weiter in die Zukunft rechnet, dann heissen im Jahr 2531 alle Japaner «Sato».
So wahrscheinlich ist das Szenario:
Das Ganze ist eine hochtheoretische Rechnung. Viele demografische Dynamiken werden ausgeblendet. Es wird zum Beispiel nicht berücksichtigt, dass die Zahl der Heiraten in Japan schon seit Jahren abnimmt. So ist die Zahl der Eheschliessungen in Japan laut den offiziellen Zahlen 2023 im Vergleich zum Vorjahr um fast 6 Prozent zurückgegangen. Die Scheidungen stiegen um 2.6 Prozent.
Die demografische Entwicklung Japans: Die tiefe Geburtenrate hat zur Folge, dass die japanische Bevölkerung zurzeit im Jahr um 800'000 Personen schrumpft – und so nimmt auch die Zahl der «Satos» ab. Weil die Jahrgänge selbst geburtenschwächer werden, wird wohl auch die Zahl der Heiraten generell weiter abnehmen. Und da in Japan praktisch alle Kinder in einer Ehe geboren werden, werden sich auch die «Satos» nicht mehr so stark vermehren.
Ein besonderes Familienrecht: In Japan schreibt das Gesetz bei Ehepaaren einen gleichen Nachnamen vor. Doppelnamen oder unterschiedliche Namen innerhalb einer Ehe gibt es nicht. Zwar schreibt das Gesetz nicht vor, ob ein Paar den Namen der Frau oder des Mannes annehmen soll. Doch in den allermeisten Fällen nimmt die Frau bei der Heirat den Namen des Mannes an. Auch wenn Frauen im Alltag teils weiterhin ihren Ledignamen verwenden, spätestens beim Behördengang gilt nur der gesetzliche Familienname.
Die Politik hinter der «Sato»-Studie: «Der Studienautor will einen politischen Denkanstoss geben», erklärt Martin Fritz, freier Journalist in Tokio. Er hebe damit die absurden Folgen des japanischen Familienrechts hervor. «Laut Umfragen will die Mehrheit der Japaner das Prinzip abschaffen. Vor allen Dingen die Frauen würden gerne ihren Namen selber wählen.» Kritik an der aktuellen Situation kommt insbesondere aus der Wirtschaft: «Frauen, die Karriere gemacht haben, beschweren sich, dass sie nach einer Heirat sozusagen ihre gesamte vorherige Karriere nicht mehr mit ihrem gewohnten Namen präsentieren können», berichtet Fritz.
Deshalb ist keine Änderung absehbar: In der konservativen Regierungspartei gibt es laut Fritz eine «Betonfraktion, die an solchen patriarchalischen Gesetzen festhalten möchte». Diese wehre sich strikt dagegen, das Prinzip aufzuweichen. «Das sind ultrakonservative Leute, denen es einfach nicht passt, dass die Zeiten sich ändern und dass die Frauen mehr Rechte bekommen.» Dies hänge auch mit dem sogenannten Familienregister zusammen. «Es ist automatisch mit einem Namen verbunden. Dies hat eine tiefe Tradition, die über das 19. Jahrhunderts hinausgeht.»