Jahrzehntelang hat Craig Montell an der Universität von Kalifornien in Santa Barbara die Genetik und das Verhalten von Fruchtfliegen studiert.
Er untersuchte, welche Rezeptoren Fruchtfliegen benutzen, um zu schmecken, zu sehen, oder zu hören, und welche Gene dahinter stecken. Ebenfalls erforschte er, wie die Sinneseindrücke das Verhalten der Fliege beeinflussen. Das war Grundlagenforschung, aber zunächst eigentlich nutzlos.
Keine Fortpflanzung ohne Hörsinn
Dann entschloss sich Montell, sein Wissen auf die Tigermücke zu übertragen. Er wusste von den Fliegen, dass ein bestimmtes Gen fürs Hören zentral ist. Wenn er dieses Gen ausschaltet, werden die Fliegen taub. Jetzt probierte er dasselbe bei Mücken aus.
Und siehe da: Es funktionierte auch mit Tigermücken. Sie wurden taub – mit tiefgreifenden Folgen. Die tauben Männchen fanden die Weibchen nicht mehr, auch wenn Montell sie tagelang zusammen in einen engen Käfig sperrte. Die tauben Männchen paarten sich nicht. Damit war klar: Hören und Fortpflanzung hängen bei Moskitos eng zusammen.
Sein nächster Gedanke: Was, wenn wir das Gen nicht ausschalten, sondern hochregulieren, und so supersensible, superhörende Männchen erzeugen? Die superhörenden, supersensiblen Männchen würden dann Weibchen viel schneller finden und sich viel eifriger paaren als normale Mückenmännchen. Auch dieses Experiment glückte.
Montell kann also, indem er ihr Gehör manipuliert, supersexhungrige Mückenmännchen schaffen. Im Labor ist das Verfahren inzwischen durchgetestet, die Versuche wurden kürzlich abschlossen.
Superhörende Männchen sterilisieren
Nun will Montell seine Idee mit einer Methode zur Schädlingsbekämpfung kombinieren, die schon lange in Kaliforniens Landwirtschaft genutzt wird – der sogenannten sterilen Insektentechnik.
Dabei werden massenhaft sterile Männchen eines Schädlings freigelassen. Denn erstens richten bei den meisten Schädlingen die Männchen keinen Schaden an – das tun nur die Weibchen. Und weil sich zweitens die Weibchen nur einmal im Leben paaren, hofft man, dass sie auf ein ausgesetztes steriles Männchen treffen. So bekommen sie keinen Nachwuchs, die Population bricht ein.
Auch bei Moskitos und Tigermücken gilt, dass sich Weibchen nur einmal im Leben paaren. Im Prinzip müssten auch ihre Populationen also einbrechen, wenn man massenhaft sterile Männchen aussetzt. Doch in der Realität hat das bei diesen Insekten bisher nicht so gut geklappt. Warum das so ist, ist nicht ganz klar.
Der kalifornische Wissenschaftler Montell will nun ausprobieren, was passiert, wenn er seine extra paarungsfreudigen, superhörenden Mückenmännchen sterilisiert und massenhaft freilässt. Vielleicht können sie mit ihrem Paarungshunger den Unterschied machen.
Genmanipulierte Tiere sterben und verschwinden
Findet der Forscher es richtig, ganze Insektenpopulationen auszulöschen? Dazu noch mit gentechnisch veränderten Mücken? «In Kalifornien ja, und auch in der Schweiz. Denn die gentechnisch veränderten Mückenmännchen sterben nach ein paar Wochen von selbst», sagt Montell. Und damit sei auch die Gentechnik aus der Natur verschwunden.
Ausserdem seien Tigermücken weder in Kalifornien noch in der Schweiz heimisch. Man verändere im Grunde also nichts, man stelle nur den vorherigen Zustand wieder her.